Stoklasa, Julius (1858–1936), Pflanzenphysiologe, Biologe und Agrarchemiker

Stoklasa Julius, Pflanzenphysiologe, Biologe und Agrarchemiker. Geb. Leitomischl, Böhmen (Litomyšl, Tschechien), 9. 9. 1858; gest. Praha, Tschechoslowakei (Tschechien), 4. 4. 1936. Bauernsohn. – Nach Absolv. des Gymn. und der Realschule erwarb S. eine landwirtschaftl. Ausbildung in Tetschen-Liebwerda (Děčín-Libverda) und an der BOKU in Wien, 1891 DI für Agronomie, 1893 Dr. phil. der Univ. Leipzig. S. vervollkommnete seine Ausbildung im Pasteur-Inst. in Paris, befaßte sich i. d. F. in der chem. Fabrik in Petschek (Pečky) mit Kunstdüngern sowie Schwefelsäure und wurde zum Insp. ernannt; 1894 Habil. für Agrochemie, 1897 auch für Pflanzenproduktion an der böhm. TH in Prag, 1898 ao. Prof. der allg. Pflanzenproduktion, 1901 o. Prof. Vor dem 1. Weltkrieg mit der Forcierung der Landwirtschaft und des landwirtschaftl. Schulwesens in Serbien beauftragt, geriet er später in den Verdacht der Illoyalität gegenüber dem Staat. 1901 gründete S. an der TH eine chem.-physiolog. Forschungsstelle, die die Basis des tschech. naturwiss. Forschungs- und Versuchswesens wurde. 1906 initiierte er die erste tschech. landwirtschaftl. Hochschule im Rahmen der Prager böhm. TH; 1907/08 (erster), 1910/11, 1917/18 Dekan, 1911/12 Rektor. Gleichzeitig war er Mitgl. von Komm. beim Min. für Ackerbau in Wien, dem Techn. Versuchs- und dem Patentamt, machte sich um die Gründung des Landesforschungsinst. für Landwirtschaft in Brünn (Brno) verdient, stand dem Staatsforschungsinst. für Pflanzenproduktion in Prag vor und strebte ab 1914 die 1924 verwirklichte Gründung einer landwirtschaftl. Akad. an, deren erster Vizepräs. er wurde. S.s wiss. Œuvre mit rund 500 Abhh. und 12 Monographien befaßt sich mit Pflanzenphysiol., Bodenbakteriol., künstl. Düngemitteln und Gesteinsverwitterungen. Er war Wegbereiter der Erforschung des Einflusses der Rauchabgase auf Pflanzen und erkannte die tox. Wirkung von Schwefel-, Stickstoff- und Schwermetallverbindungen. Ferner widmete er sich der enzymat. Spaltung von Kohlenhydraten, der Alkoholgärung und dem Einfluß radioaktiver Strahlung auf den Zellstoffwechsel. HR S., international anerkannte wiss. Autorität und Mitgl. des wiss. Kuratoriums des Tschechoslowak. radiolog. Inst., war Träger zahlreicher Ausz., u. a. Commandeur des Ordens Pour le Mérite Agricole, Ehrenmitgl. der kgl. serb. landwirtschaftl. Ges. in Belgrad und der Société des Naturalistes Luxembourgeois. 1900 erhielt er die goldene Medaille bei der Weltausst. in Paris sowie jene der Wirtschaftsges. in Wien, 1913 Ritter des Franz Joseph-Ordens, 1929 Dr. h. c. der Hochschule für Landwirtschaft in Brno.

W.: s. u. Doerell, 1928; Gerber; Krische; Poggendorff.
L.: NFP, 9. 10. 1927; WZ, 5. 4. 1936; Hanzalová; Poggendorff 4 (m. W.); P. Krische, in: Die Ernährung der Pflanze 7, 1911, S. 181ff. (m. B. u. W.); E. G. Doerell, ebd. 23, 1927, S. 328ff. (m. B.); FS anläßl. des siebzigsten Geburtstages von J. S., ed. E. G. Doerell u. a., 1928 (m. B. u. W.); Památce prof. J. S., 1937; Dějiny exaktních věd v českých zemích, 1961, S. 319ff., 412; V. Lomič – P. Horská, Dějiny Českého vysokého učení technického 1/2, 1978, s. Reg., bes. S. 375f.; J. Tomeš u. a., Český biografický slovník XX. století 3, 1999; T. Gerber, Persönlichkeiten aus Land- und Forstwirtschaft … 2, 2004 (m. W.); České vysoké učeni technické, Národní zemědělské muz., beide Praha, Městské muz., Litomyšl, alle Tschechien; UA, Leipzig, Dtld.; Materialiensmlg. ÖBL, Wien.
(M. Makariusová)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 307f.
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