Stowasser, Otto Hellmuth (1887–1934), Archivar und Historiker

Stowasser Otto Hellmuth, Archivar und Historiker. Geb. Wien, 21. 10. 1887; gest. ebd., 19. 2. 1934; evang. AB. Sohn von Josef Maria S. (s. d.). – Nach Gymn.besuch in Wien (Matura 1906) stud. S. als Schüler O. Redlichs (s. d.) Geschichte an der Univ. Wien, 1910 Dr. phil., und absolv. 1909–11 als ao. Mitgl. den Kurs des Inst. für österr. Geschichtsforschung. Noch im Juli 1911 ging er als Mitarb. an der von der Heidelberger Akad. der Wiss. und der Bad. Hist. Komm. vorbereiteten Ausg. der bad. Weistümer nach Karlsruhe. 1912 trat er eine Stelle bei den Regesta Habsburgica an und arbeitete am Österr. Hist. Inst. in Rom. Daneben war er 1913 nochmals für die Bad. Hist. Komm. tätig und ordnete das gräfl. Douglassche Archiv auf Schloß Langenstein im Hegau. 1914 trat er als Konzeptsaspirant in das HHStA ein, wurde 1915 Konzeptspraktikant und 1921 Staatsarchivar. Er ordnete das Konsulatsarchiv in Belgrad (1916), die Archive in Jaidhof bei Gföhl (1919) und in Mannersdorf (1920) und das der Wr. Hofburgkapelle (1921/22), betrieb umfassende Provenienzstud. über die Urkundenabt. und leitete schließl. die Hss.abt. im HHStA. 1921–22 war er Schriftleiter der auch auf seine Initiative hin vom Staatsarchiv hrsg. „Historischen Blätter“, ab 1928 Mitgl. des Geschäftsausschusses des Archivbeirats. Bereits 1916 hatte er sich an der Univ. Wien für Geschichte des Mittelalters und hist. Hilfswiss. habil.; 1924 ao. Prof. Als Mediävist befaßte er sich mit Fragen der österr. Diplomatik, einschließl. der Kanzlei- und der Stadtbücher, sowie bes. mit Verfassungsgeschichte. Ab 1923 fungierte er als Dir. des Archivs der Stadt Wien und machte dieses zu einer anerkannten wiss. Einrichtung: Eine neue Archivordnung, die u. a. die Beachtung des Provenienzprinzips und die gleitende Archivsperre von 30 Jahren umfaßte, trat 1924 in Kraft. Archivpraktika für Lehrer im Zusammenhang mit dem Ausbau des heimatkundl. Unterrichts im Rahmen der Glöckelschen Unterrichtsreformen sowie Initiativen im Ausst.wesen intensivierten die Außenwirkung des Archivs ebenso wie die Förderung der Geschichtsforschung, etwa durch die Begründung der „Studien aus dem Archiv der Stadt Wien“ oder durch die Anregung zur Veröff. der „Urkunden aus Wiener Grundbüchern zur Geschichte der Wiener Juden im Mittelalter“ (1931) durch L. Sailer (s. d.) und Rudolf Geyer. Bereits 1918 war S. in den Vorstand des Ver. für Geschichte der Stadt Wien gewählt worden, 1924–25 Gen.sekr., legte er jedoch sein Mandat aus dienstl. Gründen zurück. 1926 Vizepräs., begründete er die bis heute bestehende enge Verbindung zwischen Archiv und Ver.

W.: s. u. Huter.
L. (fälschl. Otto Heinrich): Lhotsky, s. Reg.; Santifaller, s. Reg.; L. Groß, in: MIÖG 48, 1934, S. 197ff.; ders., in: Monatsbl. des Ver. für Geschichte der Stadt Wien 4, 1934, S. 11f.; J. K. Mayer, in: Vjs. für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 27, 1934, S. 197ff.; F. Huter, in: Gesamtinventar des Wr. HHStA, ed. L. Bittner (= Inventare österr. staatl. Archive V/4), 1936, S. 143ff. (m. W.); H. Tschulk, Vom Archivregistrator zum Archivorganisator, 1989, S. 9f.; W. Leesch, Die dt. Archivare 1500–1945, 2, 1992; F. Opll, Geschichte des WStLA, 1994, S. 29ff., 65; F. Fellner – D. A. Corradini, Österr. Geschichtswiss. im 20. Jh., 2006; M. Stoy, Das Österr. Inst. für Geschichtsforschung 1929–45, 2007, S. 105; WStLA, Wien.
(K. Fischer)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 61, 2009), S. 334f.
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