Strisower (Stryzower), Leo (1857–1931), Rechtswissenschaftler

Strisower (Stryzower) Leo, Rechtswissenschaftler. Geb. Brody, Galizien (Ukraine), 2. 10. 1857; gest. Klamm (NÖ), 6. 1. 1931; mos. Sohn eines Kaufmanns. – Nach Absolv. des Akadem. Gymn. stud. S. ab 1874 Jus an der Univ. Wien; 1879 Dr. jur. Er habil. sich 1881 für Völkerrecht und hielt v. a. Vorlesungen über internationales Privatrecht (einschließl. internationales Straf- und Prozeßrecht) an der Univ. Wien. Ab 1886 übte S. neben seiner Lehrtätigkeit die Advokatur aus, bis er 1901 auf Vorschlag von Lammasch (s. d.) zum ao. Prof. für internationales Privatrecht ernannt wurde (ab 1909 tit. o. Prof.). 1891 wurde S. Associé, 1908 Membre, 1924 Président de l’Inst. de droit international und war 1922 Mitgl. jenes Dreierkomitees, das gemäß dem Staatsvertrag von St. Germain über die Rückstellung von Kunstgegenständen zu entscheiden hatte. 1923 wurde er Kuratoriumsmitgl. der Acad. de droit international de la Haye. Obgleich S.s Vorlesungen über Geschichte der Rechtsphil. Hans Kelsen 1905 zu seiner ersten wiss. Arbeit anregten, kann S. dem Kreis um Kelsen nicht zugerechnet werden, da seine Völkerrechtslehre naturrechtl. geprägt war. So rechtfertigte er in seinem Hauptwerk, „Der Krieg und die Völkerrechtsordnung“ (1919), die Lehre vom „bellum iustum“; das Recht wurde von ihm als „die zu objektiver Geltung gelangte sittliche Ordnung der Welt“ bezeichnet. Als Dekan der rechtswiss. Fak. betrieb Kelsen jedoch S.s Ernennung zum o. Prof. des Völkerrechts, Internationalen Privatrechts und der Geschichte der Rechtsphil., was wegen der offenbar antisemit. Widerstände an der Fak. letztl. nur um den Preis einer parallelen Ernennung von Alexander Hold-Ferneck 1922 verwirklicht werden konnte. 1928 trat S. i. d. R.

Weitere W.: s. u. Métall.
L.: R. A. Métall, in: Z. für öff. Recht 11, 1931, S. 1ff. (m. W.); A. Verdroß, in: Forschungen und Fortschritte 7, 1931, S. 77; ders., in: Jurist. Bll. 60, 1931, S. 60f.; P. Steines, Hunderttausend Steine, 1993, S. 197f. (m. B.); H. Kelsen Werke 1, ed. M. Jestaedt, 2007, s. Reg.; AVA, UA, beide Wien.
(Th. Olechowski)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 405f.
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