Strobl, Karl Hans; Ps. Matthias Rongstock (1877–1946), Schriftsteller

Strobl Karl Hans, Ps. Matthias Rongstock, Schriftsteller. Geb. Iglau, Mähren (Jihlava, Tschechien), 18. 1. 1877; gest. Perchtoldsdorf, Wien (NÖ), 10. 3. 1946. Sohn eines Tuchhändlers. – Nach dem Besuch des Gymn. in Iglau stud. S. Jus an der Dt. Univ. Prag, 1900 Dr. jur. Danach war er in der Finanzverwaltung in Brünn (Brno) tätig und gleichzeitig 1901–13 Theaterkritiker des „Brünner Tagesboten“, ab 1913 Hrsg. der Z. „Der Turmhahn“ in Leipzig und 1915–18 Ber.erstatter für das Kriegspressequartier in Wien, eine Erfahrung, die er literar. in „K. P. Qu.“ (1928) verarbeitete. Unter dem Einfluß seines Lehrers Filek-Wittinghausen (s. d.) beschäftigte sich S. mit der Moderne (u. a. „Arno Holz und die jüngstdeutsche Bewegung“, 1902), geriet aber bald in dt.nationales Fahrwasser. Geprägt vom Nationalitätenkampf zwischen Dt. und Tschechen, war er u. a. Mitgl. der Burschenschaft Austria, hatte aber auch ein Faible für okkulte Phänomene und gehörte der Vereinigung Schlaraffia an. Er publ. eine Fülle von Werken, darunter nationalist. gefärbte hist. Romane (u. a. „Bismarck“, 3 Bde., 1915–19, „Die Fackel des Hus“, 1929) und zahlreiche Beitrr. in Printmedien. Populär waren die Prager Studentenromane „Die Vaclavbude“ (1902), „Der Schipkapaß“ (1908) und „Das Wirtshaus ‚Zum König Przemysl’“ (1913) sowie märchenhaft-phantast. Texte in der Art Gustav Meyrinks (u. a. „Eleagabal Kuperus“, 1910, „Gespenster im Sumpf“, 1920). 1909 erhielt S. den Bauernfeld-Preis. Eine Reihe von Filmen entstand nach seinen Vorlagen, u. a. „Madame Blaubart“ (1915, Stummfilm 1919, Tonfilm 1930) und „Der schüchterne Casanova“ (1936) nach dem Roman „Aber Innozenz!“ (1935). 1918 ließ sich S. in Perchtoldsdorf nieder, wo er rasch Anschluß an die dt.nationale Literaturszene fand. 1927–31 Präs. der Dt.österr. Schriftstellergenossenschaft, 1931–34 Ehrenpräs.; 1933 trat er aus dem österr. P.E.N. aus, nachdem dieser eine Protestresolution gegen die Vertreibung dt. Schriftsteller erlassen hatte. S., seit 1935 Mitgl. der verbotenen NSDAP, war u. a. Mitgl. des Bunds dt. Schriftsteller Österr. und Proponent des Dt.-Sozialen Volksbunds. Das NS-Regime verlieh ihm zum 60. Geburtstag die Goethe-Medaille für Kunst und Wiss., woraufhin die Tschechoslowakei ein lebenslanges Einreiseverbot über ihn verhängte. Nach dem „Anschluß“ avancierte S. zum Landesleiter der Reichsschrifttumskammer (RSK) Österr., nach Inkrafttreten des Ostmarkgesetzes und Auflösung der Landesleitung zum Landesleiter der RSK Wien (1939–45); ferner war er u. a. Beirat der Stadt Wien für kulturelle Angelegenheiten und Obmann der Wr. Hamerling-Ges. Vom Dritten Reich gefördert, wurden viele seiner Publ. neu aufgelegt, dazu kamen u. a. „Das blaue Wunder“ (1939) und „Das beschwipste Karussell“ (1940). 1942–44 erschienen drei Bde. „Erinnerungen“. 1941/42 entstand der Ufa-Filmroman „Heimkehr“ nach dem gleichnamigen antisemit. Propagandafilm. Nach der Annexion des Sudetenlands konnte S. nach Iglau zurückkehren, wo er ab 1941 zumeist lebte. Zu Kriegsende in Wien inhaftiert, wurde er jedoch aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands bald freigelassen. Seine Werke standen nach 1945 sowohl in Österr. als auch in Dtld. auf dem Index.

Weitere W.: s. u. Kosch; Wackwitz; Lex. dt.mähr. Autoren. – Nachlaß: Státní okresní archiv, Jihlava, Tschechien.
L.: Killy; Kosch (m. W.); Die geistige Elite Österr., ed. M. Klang, 1936; J. Mühlberger, Geschichte der dt. Literatur in Böhmen 1900–39, 1981, s. Reg.; G. Wackwitz, K. H. S., phil. Diss. Halle-Wittenberg, 1981 (m. W.); F. Schmatz, K. H. S.s Bismarcktril., phil. Diss. Wien, 1982; K. Amann, P.E.N., 1984, s. Reg.; M. G. Hall, Österr. Verlagsgeschichte 1918–38, 1–2, 1985, s. Reg.; G. Renner, Österr. Schriftsteller und der Nationalsozialismus, 1986, s. Reg.; M. G. Hall, Der Paul Zsolnay Verlag, 1994, s. Reg.; Lex. dt.mähr. Autoren, 2002 (m. B. u. W.); K. Gradwohl-Schlacher, in: Literatur unter dem Hakenkreuz, ed. P. Becher – I. Fiala-Fürst, 2005, S. 224ff.; Forschungsstelle Österr. Literatur im Nationalsozialismus, Univ. Graz, Stmk.
(K. Gradwohl-Schlacher)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 62, 2010), S. 416f.
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