Šunjić (Šunić, Sunich), Marian (Marijan) Ivo (1798–1860), Bischof, Schriftsteller und Sprachwissenschaftler

Šunjić (Šunić, Sunich) Marian (Marijan) Ivo OFM, Bischof, Schriftsteller und Sprachwissenschaftler. Geb. Bučići, Osmanisches Reich (BIH), 7. 1. 1798; gest. Wien, 28. 9. 1860 (begraben: Franziskanerkloster Guča Gora, BIH); röm.-kath. Nach dem Schulbesuch in Guča Gora und Fojnica trat Š. 1813 als Novize bei den Franziskanern in Fojnica ein. 1815–21 studierte er Philosophie in Agram und Theologie in Mohács, 1821–24 Türkisch, Persisch, Arabisch in Agram und Wien, danach in Bologna beim Sprachengenie Kardinal Giuseppe Mezzofanti. Š. beherrschte zudem Deutsch, Französisch, Italienisch, Altgriechisch und mehrere slawische Sprachen. 1826 kehrte er nach Bosnien zurück, war zunächst Kaplan in Kupres, 1831 Pfarrer in Mokronoge bei Tomislavgrad und 1832 in Orašje bei Travnik. 1832 wirkte er als Provinzsekretär, 1835 als Kustos und 1847–51 als Provinzminister der Franziskanerprovinz Bosna Srebrena. Weil er für die Rechte der Katholiken kämpfte, wurde er unter der osmanischen Herrschaft 1827 bzw. 1834 jeweils für einige Monate inhaftiert und aufgrund einer Auseinandersetzung mit Bischof Rafael Barišić verurteilt. Um die Rechte der Ordensprovinz zu verteidigen, reiste er 1834 und 1840 nach Rom sowie 1846 nach Konstantinopel. Schließlich bat er 1851 Kaiser →Franz Joseph I., sich für die Franziskaner in Bosnien einzusetzen. 1854 ernannte ihn Pius IX. zum Titularbischof von Paneas und apostolischen Vikar in Bosnien, ein Amt, das er bis zu seinem Tod ausübte. Während seiner Amtszeit gründete er viele neue Pfarreien und öffentliche Schulen. Die Anzahl der Klöster wurde verdoppelt. Š., den →Josip Juraj Strossmayer als den berühmtesten Mann Bosniens bezeichnete, betrieb neben seiner Beschäftigung mit verschiedenen Sprachtheorien auch Studien zu einem gemeinsamen Alphabet für sämtliche Sprachen („De ratione depingendi rite quaslibet voces articulatas seu de vera ortographia cum necessariis elementis alphabeti universali“, 1853). Er gehörte außerdem dem Kreis der bosnischen Illyrer an, wo er im Geist der kroatischen Wiedergeburtsbewegung wirkte, indem er etwa Volkslieder sammelte, die 1915 unter dem Titel „Narodne junačke pjesme iz Bosne i Hercegowine“ aus seinem Nachlass publiziert wurden. Gemeinsam mit →Martin Nedić veröffentlichte Š. auch Dichtungen, u. a. zu Ehren von →Josef Graf Jel(l)ačić von Bužim („Pokret godine 1848 i 1849“, 1851). Sein Lebensbild von Bischof Augustin Miletić, „De vita illustris viri Augustini Milletichii“ (1835), gilt als das schönste lateinische Prosawerk Bosniens. Š.ʼ im Franziskanerkloster Guča Gora aufbewahrter Nachlass wurde 1945 durch einen kriegsbedingten Brand vernichtet.

Weitere W.: Razgovor vile njemkinje i slavjanke, 1852.
L.: Wurzbach (s. Sunich M.); Narodne novine 26, 1860, S. 136, 653; G. Martić, Zagrebački katolički list 11, 1860, Nr. 45, S. 357ff., Nr. 46, S. 3ff., Nr. 47, S. 373ff.; T. Alaupović, in: Kalendar Napredak 3, 1909, S. 2ff.; Serafinski perivoj 24, 1910, Nr. 12, S. 203ff.; S. Marinović, in: Kršćanska obitelj 1, 1910, Nr. 12, S. 226; J. Markušić, in: Serafinski perivoj 25, 1911, Nr. 2, S. 29; R. Drljić, in: Napredak 9, 1934, S. 52; M. Džaja, in: Dobri Pastir 10, 1960, Nr. 1–4, S. 191ff.; I. Pudić, in: Radovi Naučnog društva Narodne Republike Bosne i Hercegovine 13, 1960, Nr. 5, S. 191ff.; R. Ritzler – P. Sefrin, Hierarchia catholica medii et recentioris aevi 8, 1978, s. Reg.; P. Vrankić, Religion und Politik in Bosnien und der Herzegowina (1878–1918), 1998, s. Reg.; Dompfarre St. Stephan, Wien; Mitteilung Florenz Graf OFM, Wien.
(R. K. Höfer)  
Zuletzt aktualisiert: 30.11.2015  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 4 (30.11.2015)