Szerb, Antal; Ps. A. H. Redcliff (1901–1945), Schriftsteller und Literaturhistoriker

Szerb Antal, Ps. A. H. Redcliff, Schriftsteller und Literaturhistoriker. Geb. Budapest (H), 1. 5. 1901; gest. Arbeitslager Balf (H), 27. 1. 1945 (ermordet); röm.-kath. S., der einer zum Katholizismus konvertierten jüdischen Familie entstammte, studierte 1920–24 Hungarologie, Germanistik und Anglistik in Budapest und 1919 bzw. 1923–24 in Graz; 1924 Dr. phil. an der Universität Budapest mit einer Arbeit über →Ferenc Kölcsey sowie Lehramtsdiplom für Ungarisch, Deutsch und Englisch. Nach mehreren Studienaufenthalten im Ausland war er zunächst als Gymnasiallehrer, nach seiner Habilitation 1937 als Privatdozent an der Universität Szeged tätig. Seine literaturgeschichtlichen Essays sowie die zwei großen, methodisch innovativen Werke „Magyar irodalomtörténet“ (1934, deutsch „Ungarische Literaturgeschichte“, 2 Bände, 1975) und seine Geschichte der Weltliteratur „A világirodalom története“ (3 Bände, 1941, 9. Auflage 1997) verschmelzen geistesgeschichtliche, literatursoziologische und psychologische Ansätze. Als Romanautor wurde S. in den letzten Jahren auch in den deutschsprachigen Ländern intensiv rezipiert. „A Pendragon legenda“ (1934, „Die Pendragon-Legende“, deutsch 1966, Neuauflage 2004) weist Elemente des Detektivromans und der Gothic novel auf; in „Utas és holdvilág“ (1937, deutsch „Der Wanderer und der Mond“, 1974, Neuauflage unter dem Titel „Reise im Mondlicht“, 2003) wandte sich der Autor der Abenteuer- und Reiseliteratur zu, um hinter dieser Kulisse die Krise des Subjekts zu thematisieren; „A királyné nyaklánca“ (1943, deutsch „Marie Antoinette oder Die unbeglichene Schuld“, 1966, Neuauflage 2005 unter dem Titel „Das Halsband der Königin“) erzählt in einem essayistschen Stil die Geschichte der sogenannten Halsbandaffäre. Im Juni 1944 wurde S., der ab 1933 Präsident der Ungarischen literaturwissenschaftlichen Gesellschaft Magyar Irodalomtudományi Társaság sowie Träger des Baumgarten-Preises (1935, 1937) war, zur Zwangsarbeit eingezogen und einige Monate später von Pfeilkreuzlern im Arbeitslager Balf ermordet.

Weitere W. (s. auch Nagy): Die Suche nach dem Wunder. Umschau und Problematik in der modernen Romanliteratur, 1938; Szerelem a palackban, 1963 (deutsch: In der Bibliothek, 2006); VII. Olivér, 1941 (Oliver VII., 1972, Neuaufl. 2006); Naplójegyzetek 1914–43, ed. M. Tompa, 2001; S. A. válogatott levelei, ed. Cs. Nagy, 2001; Összegyűjtött esszék, tanulmányok, kritikák, 3 Bde., ed. Cs. Papp, 2002.
L.: ÚMÉL; Gy. Poszler, S. A., 1973; T. Wágner, Akitől ellopták az időt. S. A. emlékezete, 1996; Új magyar irodalmi lexikon 3, 2. Aufl. 2000; Cs. Nagy, S. A. bibliográfia, 2001 (m. W.); Gy. Poszler, in: The Hungarian Quarterly 43, 2002, Nr. 167, S. 19ff.; P. Esterházy, in: A. S., Reise im Mondlicht, 2003, S. 257ff.; Gy. Poszler, in: A. S., Die Pendragon-Legende, 2004, S. 293ff.; Lexikon der Weltliteratur. Fremdsprachige Autoren L–Z, ed. G. v. Wilpert, 4. völlig neu bearb. Aufl. 2004; Kindlers Literaturlexikon 15, 3. neu bearb. Aufl. 2009.
(Á. Z. Bernád)   
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)