Szold, Benjamin (1829–1902), Rabbiner

Szold Benjamin, Rabbiner. Geb. Nemeskürt, Ungarn (Zemianske Sady, SK), 15. 11. 1829; gest. Berkeley Springs, WV (USA), 31. 7. 1902; mos. Sohn des jüdischen Bauern Baruch Szold und von Chaile Szold, geb. Endler, Vater von acht Töchtern, darunter die Publizistin, Philanthropin und Gründerin der Zionistischen Frauenorganisation Hadassah Henrietta Szold (1860‒1945); ab 1859 verheiratet mit Sophie Szold, geb. Schaar. ‒ S. wurde mit neun Jahren Waise und wuchs bei seinem Onkel auf. Er besuchte die Jeschiwot in Preßburg und Brünn (Brno) und erhielt die rabbinische Ordination. 1848 ging er nach Wien, wo er sich revolutionär betätigte und daraufhin ausgewiesen wurde. Danach arbeitete er in der heutigen Slowakei als Hauslehrer für die Kinder der Witwe Miryam Schaar, deren jüngste Tochter er heiratete. Ab 1856 studierte S. in Breslau (Wrocław) an der Universität sowie am dortigen neu gegründeten Jüdisch-Theologischen Seminar. Nach einer erfolglosen Bewerbung für das Rabbinat in Stockholm nahm er 1859 einen Ruf an die Gemeinde Oheb Shalom von Baltimore, MD, an. Die Gemeinde war gemäßigt reformiert und verwendete das von Isaac Meyer Wise herausgegebene Gebetbuch „Minhag America“. S. kreierte ein eigenes (hebräisch-deutsches) Gebetbuch, „Avodat Yisrael“ (1863), das später vom Rabbiner Marcus M. Jastrow ins Englische übersetzt und von vielen anderen Gemeinden übernommen wurde. Er vertrat eine moderate Reform, wurde später aber auch von der konservativen Bewegung als einer ihrer Pioniere angesehen. Anfangs hielt er einmal wöchentlich eine Predigt auf Deutsch, ab 1882 predigte er auch auf Englisch. S. war in eine bittere, öffentlich ausgetragene Kontroverse mit dem radikalen Reformer David Einhorn verstrickt und wandte sich 1885 gegen die Pittsburgh Platform der amerikanischen Reformbewegung. Er sympathisierte mit dem Zionismus und engagierte sich insbesondere für russisch-jüdische Flüchtlinge. Sein Wirken und seine Bedeutung gingen, wie nicht zuletzt seine Korrespondenz und seine erzieherische Tätigkeit zeigen, weit über den lokalen Rahmen von Baltimore, wo er bis 1892 als Rabbiner amtierte, hinaus. Sein Nachlass befindet sich im Jewish Museum of Maryland in Baltimore.

Weitere W. (s. auch American National Biography): The Book of Job with a new Commentary, 1886.
L.: Enc. Jud. (m. B. u. L.); Jew. Enc.; A. L. Levin, The Szolds of Lombard Street, 1960; I. M. Fein, The Making of an American Jewish Community. The history of Baltimore Jewry from 1773 to 1920, 1971, S. 89ff., 117, 120, 183; J. Dash, Summoned to Jerusalem. The Life of H. Szold, 1979, S. 5; M. L. Rozenblit, in: The American Synagogue, ed. J. Wertheimer, 1987, S. 329; K. M. Olitzky, The American Synagogue. A Historical Dictionary and Sourcebook, 1996, s. Reg.; American National Biography 21, 1999 (m. W. u. L.).
(E. Adunka)  
Zuletzt aktualisiert: 15.11.2014  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 3 (15.11.2014)