Sucharda, Stanislav d. Ä. (1866–1916), Bildhauer und Medailleur

Sucharda Stanislav d. Ä., Bildhauer und Medailleur. Geb. Neupaka, Böhmen (Nová Paka, CZ), 12. 11. 1866; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 5. 5. 1916. Aus einer in dieser Region seit Ende des 18. Jh. künstler. tätigen Familie stammend. Sohn des Bildhauers Antonín S. (geb. Neupaka, 23. 5. 1843; gest. ebd., 1911), der den Familienbetrieb in Neupaka leitete, Vater des Architekten Stanislav S. d. J. (1896–1959), Bruder des Bildhauers Vojtěch S. (geb. Neupaka, 6. 1. 1884; gest. Praha, ČSSR/CZ, 31. 10. 1968). – S. stud. ab 1884 an der böhm. TH und 1886–92 an der Prager Kunstgewerbeschule bei →Josef Václav Myslbek. 1892 wurde er für sein Relief „Wiegenlied“ mit dem Reichel-Preis des Wr. Künstlerhauses ausgez. und unternahm im selben Jahr eine Stud.reise nach Dtld. und Norditalien. Ab 1894 unterrichtete er an der Prager Kunstgewerbeschule, wurde 1899 Prof. und leitete hier auch die Fachschule für Figural- und Ornamental-Modellierung (später dekorative Bildhauerei). 1915 wurde er zum Prof. der auf seine Initiative hin gegr. Medailleursklasse an der Prager ABK ernannt. S.s Stil entwickelte sich vom Myslbek’schen Realismus und von nationaler Thematik (Allegorien, slaw. Mythol., Nationalgeschichte, Märchen) unter dem Einfluss Rodins und des Kubismus hin zu neuen Ausdrucksformen. Zu seinen zahlreichen Architektur-Skulpturen gehören die Ausstattung der Seitenflügel des damaligen K. Franz-Joseph-Bahnhofs (Prager Hauptbahnhof, 1903–04) und des neuen Prager Magistratsgebäudes (1910). Mit dem Architekten →Jan Kotěra realisierte er 1906 die Ausschmückung des Theatergebäudes in Proßnitz (Prostějov) und 1910 des Mus. in Königgrätz (Hradec Králové). Als sein Hauptwerk gilt das Prager Denkmal für →František Palacký (1901–12). Zu seinen weiteren Arbeiten zählen Denkmäler für Jan Amos Komenský in Neupaka (1912), für →Karl Bendl in Prag (1914) und Jan Hus in Petschek (Pečky) und Eisenstadtl (Železnice) (entworfen 1913–15) sowie Grabdenkmäler und Porträts in verschiedenen Materialien. S. avancierte auch zum Erneuerer der böhm. Medaillenkunst und schuf Dutzende Reliefs, Medaillen und Plaketten, u. a. für die Österr. Ges. zur Förderung der Medaillenkunst und Kleinplastik in Wien. Seine Arbeiten wurden bei mehreren internationalen Kunstausst. ausgez. (St. Louis, München, beide 1904; Brüssel, 1910; Gent, 1913). 1896 zählte S. zu den Gründungsmitgl. der Z. „Volné směry“ und wurde im selben Jahr Mitgl. (später mehrmaliger Präs.) des Künstlerver. Spolek výtvarných umělců Mánes, der in Prag bedeutende Ausst. von Rodin (1902), Munch (1905) und Bourdelle (1909) organisierte. 1906 wurde S. Ritter des Franz Joseph-Ordens, 1907 k. M. des Hagenbunds, 1911 k. M., 1913 ao. Mitgl. der Böhm. K. Franz Joseph-Akad. der Wiss., Literatur und Kunst und war 1905–12 Mitgl. (ab 1913 Vizepräs.) des Kuratoriums der böhm. Sektion der Modernen Galerie für das Kg.reich Böhmen in Prag.

L.: Otto; Thieme–Becker; Toman; K. B. Mádl, in: Almanach české akad. císaře Františka Josefa … 27, 1917, S. 143ff. (m. B.); Tschech. Kunst 1878–1914 auf dem Weg in die Moderne, Darmstadt 1984, S. 348f. (Kat.); The Dictionary of Art 29, 1996; J. Tomeš u. a., Český biografický slovník XX. století 3, 1999; P. Wittlich, Die Bildhauerkunst der Tschech. Sezession, 2001, s. Reg.; M. Krummholz, S. S. (1866–1916), 2006.
(M. Krummholz)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 26f.
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