Süß, Walter; Ps. Walter Sweet (1905–1940), Journalist

Süß Walter, Ps. Walter Sweet, Journalist. Geb. Wien, 1. 8. 1905; gest. KZ Buchenwald, Dt. Reich (D), 4. 5. 1940 (ermordet); mos., ab 1926 konfessionslos. Sohn des Schneiders Bernhard S. (geb. St. Pölten, NÖ, 17. 12. 1875; gest. Wien, 26. 11. 1953; mos.) und von Karoline S., geb. Knauer (geb. St. Pölten, 27. 9. 1874; gest. 13. 6. 1946; konfessionslos). – S. besuchte die Bürgerschule und danach eine Handelsschule, in der er frühzeitig gegen die rigide Disziplin rebellierte und i. d. F. auch mit anarchist. Ideen sympathisierte. Mitte der 1920er-Jahre wandte er sich dem Journalismus zu und schrieb ab Mitte 1926 für die linksgerichtete Wr. Tagesztg. „Der Abend“. Im März 1927 wurde er Reporter bzw. Lokalred. der neuen, von Julius Braunthal geschaffenen sozialdemokrat. Tagesztg. „Das kleine Blatt“. S.’ Spezialität war von Anfang an die Sozialreportage, in der er ähnl. →Egon Erwin Kisch Arbeitswelt- und Milieustud. von den verschiedensten Wr. Plätzen, Bez. und Institutionen und bald auch über Wien hinaus lieferte. Daneben verf. er hist. Stud. über das verschwindende „alte“ und das im Aufbau befindl. „neue“ sozialdemokrat. Wien. Seine Reportagen zeugen nicht nur von scharfer Beobachtungsgabe, sondern auch von einem ausgeprägten Talent, ausgehend von der Schilderung von Einzelschicksalen, gesellschaftl. Probleme zu artikulieren. Daneben wirkte er als Gerichtssaalberichterstatter und Verf. zahlreicher Film-, gelegentl. auch Theaterkritiken für diese Ztg. sowie als Autor von Kriminalgeschichten, die in Fortsetzungsform publ. wurden. Seine insgesamt ca. 500 Reportagen erschienen bald in anderen von Braunthal gegr. sozialdemokrat. Bll. (u. a. „Kuckuck“, „Sozialdemokrat“, „Bunte Woche“) und später auch in der „Arbeiter-Zeitung“, wobei er seine Artikel tw. phil. und ernsten Themen widmete. Außerdem hielt S. Vorträge im Rahmen der Arbeiterbildungsorganisation. Nach dem Februar 1934 konnte er, da er „nur“ als Lokalred. galt, noch über ein Jahr weiter für das inzwischen regierungstreue „Kleine Blatt“ arbeiten. Danach wechselte er als Red. und Reporter zur Ztg. „Telegraf“ bzw. „Das Echo“, wo viele seiner Artikel aber ungezeichnet oder unter Ps. erscheinen mussten. Nach dem „Anschluss“ Österr. 1938 wurde er von der Gestapo als „Kommunist“ verhaftet und ins Landesgericht Wien gebracht, von wo er im Juli 1938 ins KZ Dachau deportiert und im Oktober ins KZ Buchenwald überstellt wurde.

L.: Hdb. jüd. AutorInnen; L. Steinwender, Christus im KZ, 1946, S. 57ff.; E. Früh, in: Spuren und Überbleibsel, 1999, Nr. 29; AdR, DÖW, IKG, Tagbl.Archiv, alle Wien.
(Th. Venus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 36
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