Svoboda, Jindřich (1884–1941), Astronom und Mathematiker

Svoboda Jindřich, Astronom und Mathematiker. Geb. Wolin, Böhmen (Volyně, CZ), 13. 7. 1884; gest. Prag, Protektorat Böhmen und Mähren (Praha, CZ), 12. 5. 1941. Aus einer Kaufmannsfamilie stammend, ab 1921 verheiratet mit Jiřina S., geb. Joštová. – Nach der Matura am klass. Gymn. in Pisek (Písek) stud. S. ab 1903 Mathematik, Physik und Astronomie an der phil. Fak. der tschech. Univ. Prag; 1908 Dr. phil. Nach Ablegung der Lehramtsprüfung für Gymn. 1909 unterrichtete er im selben Jahr am Akadem. Gymn. in Prag. Ab 1910 Ass. von František Nušl an der tschech. TH Prag, veröff. er theoret. Arbeiten über sphär. Astronomie; 1919 Habil. für Astronomie, 1920 ao. Prof., zum Jahreswechsel 1923 o. Prof. für Mathematik und Astronomie. Daneben war S. an wirtschaftl., chem.-technolog. und landwirtschaftl. Schulen tätig. 1925/26, 1929/30 und 1934/35 Dekan der Fak. für Spezialwiss. an der České vysoké učení technické, 1935/36 Rektor. In seinen rund 40 Arbeiten befasste er sich v. a. mit Kometen und Meteoritenschwärmen. S., der zu den Begründern der modernen Meteoritenforschung zählt, untersuchte die Gesetzmäßigkeiten im Flug der Meteoritenschwärme und konnte deren Zusammenhang mit Kometen nachweisen. In der Lehre versuchte er stets Theorie und prakt. Ergebnisse der astronom. Beobachtungen mit Hilfe der Mathematik zu verbinden. Nachdem er das Inst. für sphär. Astronomie und Grundlagen der höheren Mathematik, dessen Vorstand er 1920 wurde, errichtet hatte, konnte er in den 1920er-Jahren ein Observatorium aufbauen, das allmähl. mit modernen Geräten – meist nach eigenen Plänen – ausgestattet wurde und dessen Leitung er ebenfalls übernahm. Seine Instrumente, die wegen ihrer techn. Vollkommenheit u. a. auf dem Kongress der Internationalen Astronom. Union (IAU) in Paris 1935 hochgelobt wurden, konnten sich auch in der Geodäsie durchsetzen. Als Pädagoge konzipierte er den Inhalt des Astronomieunterrichts an der České vysoké učení technické, verf. allg. Lehrbücher und bildete eine Generation von Astronomen und Geodäten heran, die in der Nachkriegszeit an den wieder geöffneten Hochschulen seine Arbeit fortsetzten. S. engagierte sich im Kultur-, Sport- und Gesellschaftsleben, insbes. in seiner Geburtsstadt, wo er Kontakt zu bedeutenden Künstlern und Wiss. pflegte. Nach der Okkupation der tschech. Gebiete durch die Nationalsozialisten im März 1939 schloss sich S. gem. mit seiner Ehefrau dem Widerstand an. Die beiden ermöglichten durch Beschaffung von gefälschten Dokumenten zahlreichen Menschen die Flucht. Im Juni 1940 wurden sie von der Gestapo festgenommen und im Prager Gefängnis Pankratz inhaftiert. Nach drei Monaten wieder entlassen, starb S., gesundheitl. geschwächt, kurz darauf. Seine Ehefrau wurde 1942 ins KZ Ravensbrück deportiert. Sie konnte im Mai 1945 nach Prag zurückkehren. S. war Mitgl. zahlreicher nationaler und internationaler Ges., darunter der Astronom. Ges. in Leipzig, der Société Astronomique de France und der IAU sowie Träger mehrerer ausländ. Ausz. Die IAU benannte einen Planetoiden nach ihm.

W.: s. Poggendorff; Československo – Biografie; Jáchim, 1991.
L.: Masaryk; Poggendorff 5–7b (m. W.); F. Sekanina, Album representantů všech oborů veřejného života československého, 1927 (m. B.); Köpfe der Politik, Wirtschaft, Kunst und Wiss. in Europa. Tschechoslowak. Republik, 1936, S. 252 (m. B.); Who’s Who in Central and East-Europe 1935/36, ed. S. Taylor, 2. Aufl. 1937; Československo – Biografie 3, red. B. Koutník, 1938 (m. W.); B. Mansfeld u. a., Průvodce světem techniky, 1938, S. 76; Geodetický a kartografický obzor 30, 1984, S. 310; F. Jáchim, in: Dějiny věd a techniky – History of sciences and technology 24, 1991, S. 219ff. (m. W. u. L.); ders., in: Historický obzor 7–8, 1994, S. 185f.; J. Tomeš u. a., Český biografický slovník XX. století 3, 1999; České vysoké učení technické v Praze, Praha, CZ.
(M. Makariusová)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 75f.
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