Swoboda, Heinrich (Simon) (1861–1923), Theologe, Kunsthistoriker und Archäologe

Swoboda Heinrich (Simon), Theologe, Kunsthistoriker und Archäologe. Geb. Wien, 28. 6. 1861; gest. ebd., 7. 5. 1923; röm.-kath. Sohn eines Viktualienhändlers, Bruder des Orgelbaumeisters Franz Josef S. – Da ihm seine Eltern ein Stud. an einer Kunstakad. versagten, trat S. nach dem Besuch des Schottengymn. 1880 in das Wr. Priesterseminar ein. 1880–84 stud. er an der Univ. Wien Theol., 1884 Priesterweihe; 1884–85 Kooperator in Mariabrunn (Wien 14) und bis 1886 Kooperator in Penzing (Wien 14). 1886–88 stud. er in Rom Christl. Archäol. und Kirchl. Kunst bei Giovanni Battista de Rossi. Eine zusätzl. Ausbildung erhielt er am dortigen Collegium Germanicum et Hungaricum, 1888–89 stud. er wieder an der Univ. Wien, u. a. Paläographie bei →Engelbert Mühlbacher, Kunstgeschichte bei Franz Wickhoff, Klass. Archäol. bei →Friedrich Benndorf und Phil. bei Robert Zimmermann; 1889 Dr. phil. Anschließend war er Hausgeistlicher bei den Dienerinnen des Hl. Herzens Jesu in Wien-Landstraße, 1890 Habil. für Christl. Archäol., 1892–99 Hofkaplan und Vikar der Hof- und Burgpfarre. 1894 Dr. theol. mit der Diss. „De imperii et sacerdotii relatione ab anno 800 usque ad imperii Romani orientalis finem“. Ab 1895 ao. Prof., ab 1899 o. Prof. für Pastoraltheol. an der Univ. Wien, 1898 Mitgl. des akadem. Senats, 1900–01, 1905–06 und 1919–20 Dekan der kath.-theol. Fak., ab 1902 Mitgl. des Kunstrates des Min. für Kultus und Unterricht, 1909–10 Rektor der Univ. Wien. In dieser Funktion führte er die sog. Univ.reisen ein und begründete den Wr. Univ.sport samt eigener Sportkomm. Als Pastoraltheologe widmete sich S. der kirchl. Seelsorge und Katechetik, wobei er sich für die Trennung der beiden Bereiche einsetzte. Als Förderer der Wr. katechet. Bewegung veranstaltete er gem. mit der österr. Leo-Ges. 1905 und 1908 pädagog.-katechet. Kurse in Wien, 1907 auch in München. 1911 leitete er einen Kurs zur Förderung der Homiletik, 1912 den Internationalen Katechet. Kongress in Wien. Als sein Hauptwerk gilt „Großstadtseelsorge. Eine pastoraltheologische Studie“, 1. Aufl. 1909, 2. Aufl. 1911. Weitere Arbeitsgebiete von S. waren die sakrale Kunstgeschichte und christl. Archäol. Er setzte sich zudem für die Errichtung von Kirchen im Jugendstil ein und war Berater Otto Wagners hinsichtl. der Ausschmückung der 1907 errichteten Kirche Am Steinhof. 1905 war er zusammen mit Wilhelm Wilpert an den Ausgrabungen auf der Piazza della Corte in Grado unter der Leitung von Heinrich (Enrico) Maionica beteiligt. Gem. mit →Karl Gf. Lanckoroński-Brzezie führte er Ausgrabungen im nahe gelegenen Aquileia durch. Die Forschungsergebnisse wurden 1906 in dem mit Chromolithographien ausgestalteten Prachtband „Der Dom von Aquileia“ veröff. S. war u. a. ab 1889 Vorstandsmitgl. des christl.-religiösen Kunstver. für NÖ, Mitgl. des Kuratoriums des Österr. Mus. für Kunst und Ind., w. M. des Österr. Archäolog. Inst.; 1892 war er Mitbegründer sowie Vorstandsmitgl. der Leo-Ges., in deren Rahmen er 1901 eine eigene Sektion für bildende Kunst einrichtete. Als deren Vizepräs. wurde er in den liturg. Beirat der 1908 begründeten Österr. Ges. für christl. Kunst entsandt. 1909 Mitgl. der Zentralkomm. für die Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale, war S. ferner Mitgl. des kirchl. Diözesan-Denkmalrats und Mitgl. der Christl. Archäolog. Ges. in Athen. Mit zahlreichen Orden ausgez., war er u. a. ab 1903 Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Kl.

Weitere W.: s. Inauguration Univ. Wien; Weißensteiner, 2003.
L.: NFP, WZ, 7. 5. 1923; RP, 7., 9. 5. 1923; Die Neue Ztg., 8. 5. 1923; Bautz; Czeike; Enc. Catt.; Inauguration Univ. Wien, 1923 (m. W.); Kürschner, Gel.Kal., 1925; LThK; E. Kovács – G. Roth, A. Ricker und seine Pastoralpsychiatrie 1824–1902/03, 1973, s. Reg.; Die Kath.-Theol. Fak. der Univ. Wien 1884–1984, FS …, ed. E. Ch. Suttner, 1984, s. Reg.; J. Weißensteiner, in: Seelsorge und Diakonie in Berlin, ed. K. Elm u. a., 1990, S. 117, 122; A. Palocsay, H. S. (1861–1923), phil. DA Wien, 2000 (m. L.); K. Klein, in: Geschichte der österr. Humanwiss. 3, ed. K. Acham, 2001, S. 272; F. Höllinger, ebd., S. 387; J. Weißensteiner, in: Faszinierende Gestalten der Kirche Österr. 9, ed. J. Mikrut, 2003, S. 383ff. (m. W. u. L.); L. Schwab, Hommage an eine ermordete Kn., 2010, passim; UA, WStLA, beide Wien.
(M. Pesditschek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 63, 2012), S. 86
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