Theyer, Leopold (1851–1937), Architekt, Kunsthandwerker und Lehrer

Theyer Leopold, Architekt, Kunsthandwerker und Lehrer. Geb. Wien, 14. 10. 1851; gest. Graz (Stmk.), 7. 7. 1937; röm.-kath., ab ca. 1877 evang. Sohn von →Franz Seraphin T. und Marie T., geb. Tschida (1814–1877), Bruder von Maria T., die den Kaufmann Eduard Hardtmuth heiratete, und →Theodor T. d. Ä.; ab 1876 verheiratet mit Elise Erhardt, zwei Kinder. – T., der tw. mit dem Maler →Julius Schmid aufwuchs, stud. nach der Oberrealschule 1869–73 am Wr. polytechn. Inst. (TH Wien) u. a. bei →Heinrich Frh. v. Ferstel und 1873–76 an der ABK in der Spezialschule für Architektur bei →Friedrich Frh. v. Schmidt, bei dem er um 1876 auch praktizierte; 1874 erhielt er den Füger- und den Gundel-Preis. Außerdem besuchte er Aquarellkurse bei →Eduard Peithner v. Lichtenfels. I. d. F. übte T. eine umfangreiche und langjährige Lehrtätigkeit aus: 1877–83 Lehrer für techn. Zeichnen an der Kunstgewerbeschule des Mus. für Kunst und Ind., 1884–87 Dir. an der Fachschule für Holzind. in Bozen (Bolzano), 1887–1906 Prof. an der Grazer Gewerbeschule (kunstgewerbl. Abt.). 1906 wurde er ao. Prof., 1910 o. Prof. an der TH Graz (für techn. Zeichnen und später Hochbau), 1910–14 und 1917–21 Dekan. Einer seiner bedeutendsten Schüler (1888–92) war Jože Plečnik. Daneben war T. als freier Architekt tätig, anfangs überwiegend in Wien, Laibach und insbes. in Abbazia (Opatija), wo er mehrere repräsentative Villen im Stil der italien. Renaissance errichtete. Später arbeitete er in Graz und prägte durch die Erstellung eines Gen.plans und die Verbauung der Joanneumgärten (ca. 1895–1908) nachhaltig das Stadtbild. Höhepunkt dieser Tätigkeit waren u. a. das Haus der steir. Brandschadenversicherung (1893) und die Musiksäle (Stefaniensäle) der Steiermärk. Sparkassa (1905–08). Seine konservative Ausrichtung, die sich an der dt. Renaissance orientierte, war jedoch in seiner Spätzeit zunehmend der Kritik ausgesetzt. Darüber hinaus errichtete er – angeregt durch seinen Freund →Leopold Schrötter v. Kristelli – mehrere Lungenheilanstalten (u. a. Sanatorium Hofacker bei Aflenz, um 1905) und war auch als Kunstgewerbler tätig: Neben Inneneinrichtungen entwarf er insbes. Bucheinbände. T., der ein gefragter Juror war, hatte zahlreiche Ämter inne und war Mitgl. diverser Komm. (ab 1887 Korrespondent der Zentralkomm. für die Erforschung und Erhaltung der Kunst- und hist. Denkmale, um 1895 Mitgl. des Kunstbeirats des Grazer Stadtbauamts, 1903 Insp. der Gewerbl. Fortbildungsschulen in der Stmk.) und Vereinigungen, u. a. ab 1875 der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), ab 1923 des Österr. Ing.- und Architekten-Ver.; 1899 Baurat, danach HR und Oberbaurat.

Weitere W.: s. Jäger; Architektenlex.
L.: Kosel 2; Thieme–Becker; Wer ist’s?, 1935; F. Achleitner, Österr. Architektur im 20. Jh. 2, 1983, s. Reg.; M. Jäger, Der Architekt L. T., geisteswiss. Diss. Graz, 1988 (m. W.); A. Senarclens de Grancy, „Moderner Stil“ und „Heimisches Bauen“, 2001, s. Reg.; C. Jäger-Klein, Österr. Architektur des 19. und 20. Jh., 2. Aufl. 2010, s. Reg.; Architektenlex. Wien 1770–1945 (m. W. u. L., nur online, Zugriff 14. 3. 2013); W. Aichelburg, 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861–2011 (nur online, Zugriff 21. 3. 2013); ABK, Wien.
(U. Prokop)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 294f.
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