Thomas, Edward (Eduard) (1794–?), Techniker und Unternehmer

Thomas Edward (Eduard), Techniker und Unternehmer. Geb. Bristol (GB), 1794; gest. ?. Bruder von James T. – T. ging früh nach Dtld., wo er sich zunächst in Pempelfort (Düsseldorf) selbstständig zu machen versuchte. Als Ges. der 1819 gegr. Mechan. Werkstätten Harkort & Co. in Wetter an der Ruhr half er Friedrich Harkort, engl. Fachmänner und Arbeiter für die Erzeugung von Dampfmaschinen zu gewinnen, und spielte eine bedeutende Rolle bei der Konstruktion und Inbetriebnahme der ersten Maschinen der Fa. Er reiste viel und vertrat das Werk in Sachsen und Böhmen, wo er 1823 die Baumwollspinnerei von Josef Kittel auf der Domäne Lämberg (Lemberk) in Markersdorf (Markvartice) mit der ersten betriebsfähigen Dampfmaschine des Kronlands ausstattete, eine weitere errichtete er 1824 in Wernstadt (Verneřice). Nach der Trennung von Harkort machte er sich 1829 in Reichenberg (Liberec) selbstständig. Nachdem er sich in England die nötigen Werkzeuge und Hilfsmaschinen verschafft hatte, gründete er mit seinem Bruder ein „Atelier zur Herstellung größerer Maschinen und Triebwerke“, die erste Maschinenfabrik Böhmens. Gleichzeitig errichtete er mit dem Mechaniker Thomas Bracegirdle im nahe gelegenen Alt Harzdorf (Liberec-Starý Harcov) eine Werkstätte zur Herstellung von Spinn-, Webe- und Appreturmaschinen. Aus wirtschaftl. Gründen verlegte er 1832 das Reichenberger Werk nach Karolinenthal (Praha-Karlín) in eine ehemalige Spinnfabrik, blieb aber noch bis 1835 Teilhaber der Textilmaschinenfabrik. Letztere hatte zu diesem Zeitpunkt bereits über 300 Maschinen für Baumwollspinnereien und -webereien, Schafwollspinnereien, für die Tuchappretur, Kammgarnspinnerei, Florettseidengarnspinnerei etc. erzeugt, die auch nach Wien und Görz (Gorizia) geliefert wurden. Das Karolinenthaler Werk der Brüder T. entwickelte sich in der 1. Hälfte des 19. Jh. zum größten Maschinenbauunternehmen Böhmens und produzierte bis 1846 52 Dampfmaschinen mit 842 PS (damit 29 % aller in der Monarchie erzeugten Dampfmaschinen). Hergestellt wurden außerdem Dampfapparate, -heizungen, -trockenapparate, eiserne Wasserräder, engl. Mangeln, eiserne Pumpwerke, hydraul. Pressen etc. Dank der Stud.reisen T.’, etwa 1838/39 nach Belgien, England, Schottland und Irland, hielt das Unternehmen mit den Entwicklungen im Maschinenbau Schritt. So rüstete T. die Eisenwerke in Althütten (Stará Huť bei Beraun) nach engl. Muster mit dem modernsten Walzwerk der Monarchie aus. 1846 scheint er selbst als Besitzer eines Eisenwerks in der Herrschaft Gratzen (Nové Hrady) auf. Auch ein Kupfer- und Eisenwalzwerk wurde längere Zeit betrieben. 1850 ging T.’ Unternehmen an die Fa. Ruston & Evans über, aus der 1854 die Fa. Ruston & Co. entstand (ab 1869 Prager Maschinenbau AG).

W.: Maschinenwesen in Böhmen, in: Mitth. für Gewerbe und Handel 3, 1839.
L.: Slokar, s. Reg.; Morgenbl. für gebildete Leser 32, 1838, S. 176; H. Hallwich, Reichenberg und Umgebung, 1872, S. 518f.; Führer durch die Maschinenhalle, deren Annexe und zugehörigen Pavillons, Prag 1891, S. 109f. (Kat.); C. Matschoss, Ein Jh. dt. Maschinenbau, 1922, s. Reg.; A. Klíma, Economy, industry and society in Bohemia in the 17th–19th centuries, 1991, S. 167ff.; J. Jetschgo, Skoda, Gablonz, Budweiser & Co., 2001, S. 38; Národní archiv, Praha, CZ (konskripce, online).
(E. Offenthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 302f.
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