Thun und Hohenstein, Emanuel Maria Gf. von (1763–1818), Fürstbischof

Thun und Hohenstein Emanuel Maria Gf. von, Fürstbischof. Geb. Trient, Bistum Trient (Trento, I), 28. 3. 1763; gest. Santa Massenza, Tirol (Vezzano, I), 9. 10. 1818 (bestattet: Dom zu Trient); röm.-kath. Südtiroler Linie, Ast Castel Brughier. Sohn von Johann Vigil Karl Gf. v. T. u. H. (1728–1788) und Josepha Gfn. v. T. u. H. (1741–1819), Cousin des Fürstbischofs von Trient Peter Vigil Gf. v. T. u. H. (1776–1780), verwandt mit Fürstbischof →Leopold Leonhard Gf. v. T. u. H. – T. stud. in Passau, Salzburg und Rom Theol. und empfing dort als Mitgl. des Germanicums die Priesterweihe. 1790 wurde er Kanoniker von Trient, 1794 von Salzburg, 1797 Tit.bischof von Iasus und Weihbischof von Trient (Konsekration durch Leopold Leonhard Gf. v. T. u. H.). Als letzter vom Trienter Domkapitel gewählter Bischof trat T. 1800 die Nachfolge seines Vetters Peter Vigil Gf. v. T. u. H. an. Der Beginn seiner Amtszeit fiel in polit. turbulente Zeiten. T. konnte die k. Investitur nicht mehr erhalten, da er Anfang 1801 vor den französ. Truppen zunächst nach Görz (Gorizia), dann nach Wien fliehen musste, von wo aus er sich für den Fortbestand seines Bistums einsetzte. Er kämpfte erfolgreich gegen die Pläne K. →Franz’ II. (I.), der für Tirol ein einziges Bistum mit Sitz in Innsbruck vorsah. 1803 erfolgte die endgültige Säkularisierung des Fürstbistums, Klöster wurden aufgelöst, das Hochstift mit seinen 150.000 Einwohnern Österr. zugeordnet. Nach dem Frieden von Preßburg (1805) fiel Tirol an das neu errichtete Kg.reich Bayern. T. konnte in sein Bistum zurückkehren, wo er in Trient eine Stadtwohnung bezog, da seine fürstbischöfl. Residenz, das Castello del Buonconsiglio, säkularisiert worden war. Die staatl. Übergriffe der bayer. Regierung in kirchl. Angelegenheiten erregten den Widerstand der auf Tiroler Boden residierenden Bischöfe: T. von Trient, Karl Franz Gf. v. Lodron von Brixen (Bressanone) und Karl Rudolph v. Buol-Schauenstein von Chur. Bes. Protest riefen neben den Eingriffen in das religiöse Leben die der Regierung vorbehaltene Besetzung aller geistl. Stellen, die staatl. Priesterausbildung und die Aufhebung von diözesanen Priesterseminaren hervor. Die drei Bischöfe wurden nach gem. Beratungen in Innsbruck 1806 von Papst Pius VII. in einem Breve (1807) in ihrem kirchenpolit. Kurs bestärkt. Während Lodron sich unter Protest dem staatskirchl. Kurs Bayerns unterwarf, wurden T. wie auch Buol-Schauenstein die Bezüge gesperrt; Buol-Schauenstein wurde nach Graubünden, T. nach (Bad) Reichenhall abgeschoben. T. hielt man gewaltsam von seinem Bistum fern, widerständige Domherren wurden entlassen. Unter Druck mussten die noch verbliebenen sechs regierungsloyalen Domherren in Trient einen neuen Kapitelvikar wählen. Dieser, Franz v. Spaur, erhielt von T. die geheime Bestätigung. Die bayer. Maßnahmen auf kirchl. Gebiet (Veräußerung größerer Tle. der bischöfl. und Kapiteldotation, Säkularisierung mehrerer Klöster) trugen zum Aufstand der Tiroler gegen die Bayern 1809 bei. 1810 kam Trient an das Kg.reich Italien, T. konnte in sein Bistum zurückkehren, schwor dem neuen Machthaber 1810 in Monza den Treueeid und nahm auch am Nationalkonzil in Paris 1811 teil. Obwohl Napoleon ebenso schroff in kirchl. Belange eingriff, duldete T. dessen Klosteraufhebungen, die Einführung des napoleon. Katechismus und die Zivilehe. Die italien. Regierung entließ 1810 alle dt. Lehrenden des Priesterseminars und ernannte ein weitgehend neues Prof.kollegium. 1811 wurde T. das Seminar erneut übertragen. Als das Bistum 1814 wieder an Österr. fiel, folgte eine Zeit der Konsolidierung, einige Klöster konnten wiedererrichtet werden. 1818 wurden die bis 1964 geltenden Bistumsgrenzen neu umschrieben, die bischöfl. Mensa, das Domkapitel und die Bischofsnomination durch den österr. K. neu geregelt. Nur knapp zwei Drittel seiner wechselvollen Amtszeit konnte T. tatsächl. in seinem Bistum residieren.

L.: Gatz, Bischöfe; Wurzbach; R. Ritzler – P. Sefrin, Hierarchia catholica medii et recentioris aevi … 6, 1958, s. Reg.; J. Kögl, La sovranità dei vescovi di Trento e di Bressanone, 1964, s. Reg.; A. Costa, I vescovi di Trento. Notizie – Profili, 1977, S. 218ff.; J. Gelmi, Kirchengeschichte Tirols, 1986, S. 144, 162ff., 172, 178, 185; S. Vareschi, in: Die Bistümer des Hl. Röm. Reiches …, ed. E. Gatz, 2003, S. 744f.; Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im Hl. Röm. Reich 1648–1803, ed. E. Gatz, 2007, S. 583.
(M. Sohn-Kronthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 320f.
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