Tomaschek, Karl (1828–1878), Germanist und Pädagoge

Tomaschek Karl, Germanist und Pädagoge. Geb. Iglau, Mähren (Jihlava, CZ), 28. 9. 1828; gest. Wetterhöfl, Böhmen (Jihlava-Lesnov, CZ), 9. 9. 1878; röm.-kath. Sohn von Johann Adolph T. und Johanna T., geb. Heller (gest. Iglau, 21. 2. 1832), Bruder von →Johann Adolf T. Edlem v. Stradowa, →Ignaz T., →Anton T. und Halbbruder von →Wilhelm T. – Nach Absolv. des Akadem. Gymn. in Olmütz (Olomouc) stud. T. dort 1848–50 Jus, Phil., Dt. Philol., Geschichte und Geographie, legte 1849 das Rigorosum aus Phil. ab und setzte 1851–55 das Stud. am Hist.-philolog. Seminar der Univ. Wien fort (nicht nachweisbar). 1852 legte er die Lehramtsprüfungen für Geschichte, Geographie und phil. Propädeutik ab, wirkte 1850–51 als Supplent für dt. Sprachwiss. und Literatur, für phil. Propädeutik und Latein am Obergymn. in Olmütz, 1852–53 für Dt. und Geschichte am Gymn. in der Josephstadt (Wien 8) und 1853–62 als Lehrer für Dt. und Geschichte an der Theresian. Akad. 1855 habil. er sich (ohne Doktorat) an der Univ. Wien und lehrte danach als Priv.Doz. für Neuere dt. Literatur nach ästhet. Gesichtspunkten. 1862 folgte er der Berufung zum o. Prof. für Dt. Sprache und Literatur als Nachfolger Karl Weinholds an die Univ. Graz (bis 1868) und war 1864 gem. mit →Karl Schenkl und →Max Theodor v. Karajan Mitbegründer des Archäolog. Kabinetts der Univ. (Eröffnung 1868), 1864–65 auch Dekan der phil. Fak. 1868–78 wirkte T. als o. Prof. für dt. Sprache und Literatur an der Univ. Wien. 1871–72 war er Dekan des Prof.-Collegiums der dortigen phil. Fak., nachdem bereits 1865 seine Ernennung zum Mitgl. der Prüfungskomm. für Gymn.-Lehramtskandidaten (Phil., dt. Sprache und Literatur) in Graz erfolgt war; ab 1876 Senator der Fak. Schwerpunkte in Forschung und Lehre bildeten die dt. Literaturgeschichte des 18. und 19. Jh., bes. Goethe, Schiller und Klopstock, sowie Poetik, Metrik und Fachdidaktik des Dt. für Gymn. Zu seinen Schülern zählten →Jakob Minor, →August Sauer, Richard M. Werner und Jakob Zeidler. Als T.s wiss. Hauptwerk gilt die zur Schiller-Säkularfeier 1859 von der k. Akad. der Wiss. in Wien ausgeschriebene Preisschrift „Schiller in seinem Verhältnisse zur Wissenschaft“ (veröff. 1862), die seine Berufung nach Graz förderte. Method. verfolgte er eine philolog.-hist. Behandlung der Literaturgeschichte, ohne jedoch den strengen Positivismus der späteren Scherer-Schule zu vertreten. Durch seine Beitrr. in der „Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien“ zur Reform des Rechtschreib- und Grammatikunterrichts sowie zur Gestaltung von Schulausg. dt. Klassiker wirkte er am fachdidakt. Ausbau der Realgymn. mit; ab 1873 deren mitverantwortl. Red. 1863 Dr. phil. h. c. der Univ. Graz; 1877 HR, 1867 k. M. und 1874 w. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien.

Weitere W. (s. auch Schenkl; Internationales Germanistenlex.): Schiller und Kant, 1857; Ueber Schillers Wallenstein, 1858 (2. Aufl. 1886); F. Halm und F. Grillparzer, 1872; Goethe als Student in Leipzig (1765–68), in: Z. für die österr. Gymn. 24, 1873; Die neuhochdt. class. Dichtung und die Literaturgeschichte, in: Almanach Wien 25, 1875. – Ed.: G. E. Lessing, Minna v. Barnhelm oder das Soldatenglück, 1865; Die salzburg. Taidinge, 1870 (gem. m. H. Siegel). – Teilnachlässe: UA, Wien; UA, Graz, Stmk.
L.: ADB; Almanach Wien 29, 1879, S. 138ff.; Nagl–Zeidler–Castle 3, S. 63f. (m. B.); Wurzbach; C. Schenkl, in: Z. für die österr. Gymn. 29, 1878, S. 879ff. (m. W.); H. Fuchs, Die Geschichte der germanist. Lehrkanzel von ihrer Gründung im Jahre 1850 bis zum Jahre 1912, phil. Diss. Wien, 1967, S. 20ff., 47ff., 65ff.; E. Leitner, in: Österr. in Geschichte und Literatur 16, 1972, S. 381ff.; ders., Die neuere dt. Philol. an der Univ. Graz 1851–1954, 1973, S. 30ff.; Vom Seminar für Dt. Philol., Univ. Graz zum Inst. für Germanistik, Karl-Franzens-Univ. Graz, Graz 1994, S. 73 (Kat.); P. Wiesinger – D. Steinbach, 150 Jahre Germanistik in Wien, 2001, S. 133ff.; K. Weimar, Geschichte der dt. Literaturwiss. bis zum Ende des 19. Jh., 2003, S. 433, 447f.; Internationales Germanistenlex. 1800–1950, 3, 2003 (m. W.); UA, Wien; UA, Graz, Stmk.
(R. Pichl)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 386f.
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