Trojan, Alois Pravoslav (1815–1893), Jurist und Politiker

Trojan Alois Pravoslav, Jurist und Politiker. Geb. Knobis, Böhmen (Knovíz, CZ), 2. 4. 1815; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 9. 2. 1893; röm.-kath. Sohn des Bauern und Müllers Václav T.; ab 1844 verheiratet mit Amálie Skrohovská. – Nach dem Gymn.besuch in Schlan (Slaný) bzw. Prag stud. T. ab 1832 Phil. und 1834‒38 Rechts- und Politikwiss. an der Prager Univ.; 1855 Dr. iur. 1838‒39 absolv. er ein Praktikum am Magistrat und am Strafgericht in Leitmeritz (Litoměřice), legte 1840 die Gerichtsprüfungen ab und war i. d. F. im Staatsdienst in Prag tätig. An der Hof-Prokuratur war er für das Schul- und Büchereiwesen zuständig und konnte so die tschech. nationale Emanzipationsbewegung unterstützen. Zusammen mit →František Frh. v. Rieger, Josef Kajetán Tyl und →Josef Pichl organisierte er erstmals patriot. gefärbte Ballveranstaltungen, trat im Ver. zur Ermunterung des Gewerbsgeistes in Böhmen für den Gebrauch der tschech. Sprache ein, sammelte öff. Mittel zur Errichtung einer tschech. Gewerbeschule und war 1845 einer der Mitbegründer des Bürgerver. (Měšťanská beseda). Im März 1848 initiierte er ‒ begeistert von der Revolution ‒ im St.-Wenzels-Bad (Svatováclavské lázně) in Prag eine der ersten polit. Versmlgg. in Böhmen. Als Mitgl. des St.-Wenzels-Ausschusses erstellte T. i. d. F. eine staatsrechtl. Petition an den K., nahm an beiden Delegationen nach Wien teil und wirkte an der Konzipierung des Kabinettbriefs von K. →Ferdinand I. an das böhm. Volk (Anfang April 1848) mit. T. wurde in die Gmd.vertretung von Prag sowie in den böhm. LT gewählt, der jedoch nicht zusammentrat. Ab 1848 Mitgl. des RT in Wien und Kremsier (Kroměříž), gehörte er zu den aktivsten Mitgl. des Klubs der slaw. Rechten. Nach der Niederschlagung der Revolution war T. 1849 kurz in Haft. 1857‒79 erster öff. Notar des Bez. Prag mit Stationierung in den Bez. Rakonitz und Pürglitz, entfaltete er umfangreiche polit. und gesellschaftl. Aktivitäten: 1864 Mitgl. der Stadtvertretung in Rakonitz (Rakovník), ab 1867 Mitgl. und zeitweise Obmann der Bez.vertretung, Mitwirkung an der Errichtung der dortigen Realschule und des Kreiskrankenhauses sowie an der Beseitigung der Schäden des Hochwassers von 1872. Nach Erneuerung des Verfassungslebens 1861 zog T. für die Landgmd.kurie in den böhm. LT ein, 1879–93 war er Mitgl. des AH. Er strebte nach Durchsetzung des Programms des Böhm. Staatsrechts und nach nationaler Gleichberechtigung, lehnte jedoch die Taktik der polit. Abstinenz ab. Nach dem Tod →Karel Sladkovskýs stieg T., der ursprüngl. zur Fraktion der Alttschechen gehörte, in den 1880er-Jahren zur anerkannten und geschätzten Leitfigur der Jungtschech. Partei auf. Nach einer zeitweiligen Versöhnung der Alt- mit den Jungtschechen fungierte T. 1878 als stellv. Vors. des gem. Abg.klubs. 1890 lehnte er die sog. Punktationen grundsätzl. ab, was sich darin zeigte, dass er trotz fortgeschrittenen Alters bei den im März des Folgejahrs abgehaltenen RR-Wahlen gegen seinen Freund Rieger antrat. Ab 1891 trat er als Vors. des Ver. Národní jednota severočeská (Nationaler Ver. von Nordböhmen) für die Rechte der tschech. Minderheit in diesem Raum ein. T. war ab 1880 Dir. der böhm. Landes-Hypothekenbank, weiters Mitgl. der Notarkammer, Präs. des tschech. Notarver. und veröff. auch jurist. Fachtexte, vornehml. in der Z. „Právník“. Er engagierte sich in zahlreichen kulturellen und nationalen Ver. und erwarb sich bes. Verdienste um den Aufbau des Nationaltheaters in Prag. 1887 wurde er zum Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Kl. ernannt.

W.: Zweck und Berechtigung des Rechtsinst. öff. Notare ..., 1855; Zákon o sýpkách obecných a fondech peněžných k nim příslušících, 1864; Dr. P. A. T. ke svým voličům a krajanům i všem Čechům o návrzích prince z Lichtensteinu a JUDra. J. Herolda ..., 1888. ‒ Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Hahn, 1891–92; Masaryk; Otto; Wurzbach; Humoristické listy 27, 1882, S. 168; Světozor 19, 1885, S. 297 (B.), 300, 27, 1893, S. 157 (B.), 168; Zlatá Praha 10, 1893, S. 179; K. Adámek, Památce Dr. A. P. T., 1910; ders., Z mých styků s dr. A. P. T. v letech 1879 až 1893, 1910; K. Kazda, Dr. A. P. T. 1–2, 1928–30; Almanach československých právníků, ed. M. Navrátil, 1930, S. 465; Kdo byl kdo v našich dějinách do roku 1918, 1999, S. 429f. (m. B.); T. Pavlíček, in: Rakovnický historický sborník 3, 2002, S. 21ff.; Z. Víšek, in: Slánská radnice 11, 2008, S. 7ff.; ders., in: Rakovník: historie, osobnosti, literatura, památky, 2008, S. 38ff.; Universum 9, 2011, S. 582; Mitt. Franz Adlgasser, Wien.
(P. Marek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 467f.
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