Tschulik, Emanuel Louis (Ludwig Emanuel) (um 1819–nach 1847), Mechaniker und Erfinder

Tschulik Emanuel Louis (Ludwig Emanuel), Mechaniker und Erfinder. Geb. Voitsdorf, Böhmen (Fojtovice, CZ), um 1819; gest. nach 1847; röm.-kath. Sohn des Landwirts Franz T. und seiner Frau Maria Anna T., geb. Eigler; ab 1847 mit Maria Theresia T., geb. v. Lentl, verheiratet. – T., über dessen Werdegang nichts bekannt ist, war als Wirtschaftsbeamter des Oberstjägermeisters Ernst Gf. Hoyos-Sprinzenstein im nö. Gutenstein, später in Drosendorf tätig. Ab 1837 soll er sich mit der Herstellung einer Schreibmaschine befasst haben, um die anfallenden Schreibarbeiten zu beschleunigen. Die Einsicht, dass dies nur mittels Lettern mögl. sei, brachte ihn schließl. dazu, eine Setzmaschine für Buchdruckereien zu konstruieren. In langjähriger Arbeit entwickelte er ein hölzernes Modell, das er 1844 →Alois v. Auer-Welsbach, dem Dir. der Hof- und Staatsdruckerei in Wien, vorführte (Ende jenes Jahres erhielt er ein Privileg). Auer-Welsbach unterstützte T. beim Erlernen der techn. Grundlagen des Setzens und des Buchdrucks und erwirkte bei K. →Ferdinand eine hohe Fördersumme für ihn. 1846 wurde die in Zusammenarbeit mit dem Mechaniker und Erfinder Franz Xaver Wurm fertiggestellte Setzmaschine in der Hof- und Staatsdruckerei aufgestellt; der erste auf ihr gesetzte Text war die österr. Volkshymne. Die Konstruktion ähnelte einem Fortepiano und besaß eine Klaviatur mit 120 Tasten, wobei Zeichen, die häufig gem. verwendet wurden, in räuml. Nähe zueinander angeordnet waren. An der Rückwand der Setzmaschine befanden sich 120 senkrecht stehende, mit den entsprechenden Lettern gefüllte Kanäle. Durch Anschlag der Tasten fielen die Lettern in einen Querkanal, wurden auf einer Gliederkette mittels Haken zu Wörtern und Zeilen zusammengefügt und gelangten in den Zeilenkasten. Ein geübter „Spieler“ konnte damit 20.000 Buchstaben pro Stunde setzen. Da das Sortieren der benutzen Lettern weiterhin händ. erfolgen musste, ergänzten T. und Wurm die Erfindung 1846 durch eine Maschine zum Ablegen und Sortieren der Lettern. 1847 berichteten österr. Ztg. über einen Verkauf der Wurm-T.schen Setz- und Ablegemaschine nach Nordamerika, doch scheint sie dort nie angekommen zu sein. Widersprüchl. Berichten zufolge wurde sie im Zuge der Märzrevolution 1848 in Wien oder in Leipzig zerstört.

L.: Bohemia, 3. 10. 1845; Der Humorist, 27., WZ, 28. 9. 1847; Wurzbach; H. E. Pöschl, in: Oesterr. Bll. für Literatur und Kunst 2, 1845, S. 932ff.; Illustrirte Ztg. (Leipzig) 6, 1846, S. 55f.; (A. Auer v. Welsbach), Geschichte der k. k. Hof- und Staats-Druckerei in Wien, 1851, S. 35ff.; A. Mayer, Wiens Buchdrucker-Geschichte 1482–1882, 2, 1887, S. 239; C. Herrmann, Geschichte der Setzmaschine …, 1900, S. 16f.; Zur Feier des einhundertjährigen Bestandes der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, 1904, S. 60; A. Auer v. Welsbach, Mein Dienstleben, 1923, S. 8f.; A. Durstmüller, 500 Jahre Druck in Österr. 1, 1982, s. Reg.; B. Robak, Vom Pianotyp zur Zeilensetzmaschine, 1996, s. Reg.; Pfarre St. Rochus und St. Sebastian, Wien.
(E. Offenthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 493f.
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