Tuček (Tuczek), Vincenc; auch Franz Vinzenz Ferrarius (1773–1821), Komponist, Librettist, Sänger, Cembalist und Tänzer

Tuček (Tuczek) Vincenc, auch Franz Vinzenz Ferrarius, Komponist, Librettist, Sänger, Cembalist und Tänzer. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 2. 2. 1773; gest. Pest (Budapest, H) (?), 1821. Sohn des Chorregenten und Komponisten Jan T. (geb. 1743; gest. Prag, 19. 9. 1783); ab 1800 mit Carolina T., geb. Klein (gest. Pest, 1837), verheiratet. – T. besuchte das Akadem. Gymn. in der Prager Altstadt. Seine bereits in der Jugend begonnene musikal. Ausbildung erhielt er durch seinen Vater sowie im Rahmen seiner Tätigkeit als Vokalist an der St. Peterskirche. Das erste Engagement fand er am Vaterländ. Theater in seiner Heimatstadt, wo er 1794 in der tschech.sprachigen Erstauff. der „Zauberflöte“ den Tamino verkörperte. Im selben Jahr brachte T. wahrscheinl. im Auftrag von Emanuel Schikaneder ein Singspiel für das Freihaustheater in Wien zu Papier. Neben seiner Tätigkeit als Cembalist schrieb er für das Hibernertheater (Divadlo Hybernia) auch sechs Singspiele. Mitte 1797 wechselte er in die Dienste von Peter Reichsgf. v. Biron, 1800 erhielt er eine Anstellung als Musikdir. in Breslau (Wrocław). 1801 führte T.s Weg nach Wien an das Theater in der Leopoldstadt, wo er Ende April 1801 debüt. und 1806–09 als erster Kapellmeister wirkte. Parallel zu diesem Engagement war T. 1802–08 auch am Dt. Theater in Pest als Kapellmeister und Komponist beschäftigt. Dort arbeitete er sowohl mit dem Komponisten und Operndir. Matouš Alois Cibulka zusammen als auch mit Xaver Girzik, einem Sänger, Regisseur und Librettisten, der für T. Textbücher schrieb und in dessen Werken auftrat. Ab 1810 scheint T. neuerl. als Kapellmeister in Pest auf, wo er mit einem Komponisten-Benefizkonzert Anfang November 1820 Abschied von der Bühne nahm. Als Komponist bewies T. in den verschiedenen Genres wie Volksmärchen, Ritterspielen mit Gesang, Singspielen, Lokalpossen und auch bei mytholog. Sujets Vielseitigkeit und Geschick. Er verstand es, sog. Gassenhauer mit Tanzliedern zu verbinden, und traf den Charakter der lokalen Volksposse ebenso wie den des heroisch-kom. Theaters. Das Publikum wusste dies zu schätzen, und so erreichten seine größten Erfolge wie „Hanns Klachl“ (1795), die Fortsetzung „Die zwei Klacheln“ (1797), „Dämona“ (1805), „Lanassa“ (1805) und „Samson, Richter in Israel“ (1808) teils bis zu 50 Reprisen. Auch bereicherte T. an seinen Wirkungsstätten das Opern-, Singspiel, Melodram-, Oratorien- und Schauspielrepertoire.

Weitere W. (s. auch Grove; Kosch; MGG): Das jüngste Gericht (Oratorium); Die Schlacht bei Leipzig (Tondichtung); 1 Symphonie; Kantaten; Tafelmusik; etc.
L.: Grove, 2001 (m. W.); Kosch, Theaterlex. (m. W.); Kutsch–Riemens, 4. Aufl. 2003; MGG I (s. u. Johann T.), II (m. W.); oeml; Wurzbach; J. Kádár, A pesti és budai német színészet története 1812–47, 1923, s. Reg.; R. Prazák, in: Otázky divadla a filmu 1, red. A. Závodský, 1970, S. 63ff.; W. Binal, Dt.sprachiges Theater in Budapest, 1972, s. Reg.; R. Angermüller, W. Müller und „sein“ Leopoldstädter Theater, 2009, s. Reg.
(R. Wiesinger)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 66, 2015), S. 499
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