Turinský, František (Franz) (1797–1852), Schriftsteller und Beamter

Turinský František (Franz), Schriftsteller und Beamter. Geb. Poděbrad, Böhmen (Poděbrady, CZ), 6. 1. 1797; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 4. 9. 1852 (begraben: Pouchov bei Hradec Králové). Sohn eines wohlhabenden Magistratsbeamten, Vater von Moric T. – Nach dem Besuch des Gymn. und der phil. Jgg. in Prag, wobei er ein Stud.kollege von →Václav Hanka, Jan Hýbl, →Václav Kliment Klicpera, →Václav Krolmus, →Simeon Karel Macháček und →František Bohumír Tomsa war, stud. T. 1818–22 an der Prager Univ. Jus. Nach einem kurzen Praktikum in einer Anwaltskanzlei und der Ablegung der Advokatenprüfung wurde T. 1823 Gerichtsaktuar bei der Herrschaft Libochowitz von →Franz Josef Fürst Dietrichstein zu Nikolsburg. In dessen Diensten zog er 1824 als Justitiar ins südböhm. Wällischbirken und 1826 nach Nikolsburg in Mähren. 1837 wurde T. oberster Verwalter bei der Saarer-Münchberger Herrschaft und 1846 in den vereinigten Herrschaften von Libochowitz und Budin an der Eger. 1848/49 engagierte T. sich polit., u. a. kandidierte er – allerdings erfolglos – für den RT. Nach der Aufhebung der Patrimonialverwaltung trat er in den Staatsdienst ein und wurde Kreisrichter in Pürglitz. Anfang 1852 kaufte T. Grundbesitz in Niederpřim bei Königgrätz, starb jedoch kurz danach an seinem langjährigen Herzleiden. Seine ersten literar. Werke, sentimentale und eleg. Liebesged., volkstüml. gehaltene sowie religiöse Ged. in der klassizist. Tradition, publ. er zum Tl. bereits ab 1816 in den Z. „Rozmanitosti“ und „Vlastenský zvěstovatel“. Sein Schaffen, u. a. Ged. zur heidn. Mythol., bei denen die als trist wahrgenommene Gegenwart einer idealisierten Vergangenheit gegenübergestellt wird, veröff. sein Sohn postum in dem Bd. „Básnické spisy“ (1880). In seinen letzten Lebensjahren dichtete T. nur mehr gelegentl. Sein lebenslanges Interesse für das Theater belegen auch seine Theaterstücke. Die Verstragödie „Angelina“ (1821, Urauff. 1897) ist von dt.sprachigen Schicksalsdramen (u. a. Friedrich v. Schillers „Die Braut von Messina“, Adolf Müllners „Die Schuld“) beeinflusst. T. bemühte sich mit diesem Werk, das psycholog. Drama im tschech. Theater populär zu machen. Während die Urauff. erst wesentl. später erfolgte, wurde der Text selbst von der Kritik positiv aufgenommen und 1828 von Macháček ins Dt. übers. In der Tragödie „Virginie“ (1841) thematisierte T. das familiäre Umfeld rücksichtsloser Machthaber in der röm. Geschichte und die darauffolgende soziale Revolte. Das von Dramatikern häufig aufgegriffene Thema der Verteidigung Prags 1648 bearb. T. im Historiendrama „Pražané v roku 1648“ (1824, 1848 gedruckt, Urauff. 1849). Mehrere Dramenfragmente („Přemysl Ottokar II.“, „Chorinský“) waren u. a. Polemiken auf →Franz Grillparzers „König Ottokars Glück und Ende“ und wurden nur in Auszügen veröff. („Záviš Vítkovec z Růží“, in: Vlastenský zvěstovatel 3, 1822).

Weitere W. (s. auch LČL): Der 26. Julius in Libochowitz, 1823. – Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, Polabské muz., Poděbrady, beide CZ.
L.: Prager Ztg., Pražské noviny, 7. 9. 1852; LČL (m. W.); Masaryk; Otto; Rieger; Wurzbach; Moravský národní list 2, 1852, S. 299; Lumír 2, 1852, S. 816, 839; M. Turinský, in: F. T. Básnické spisy 1, 1880, S. 699ff. (m. B.); F. Baťha, Příspěvky k životu a dílu F. T., phil. Diss. Prag, 1938; O. Špecinger, in: Litoměřicko 24, 1989, S. 135ff.; E. Mikušek, in: Kroměřížský sněm 1848–49 a tradice parlamentarismu ve střední Evropě, 1998, S. 231ff.; B. Plánská, in: Jeden jazyk naše heslo buď 3, 2005, S. 107f.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 11f.
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