Tyrrell, Agnes (1846–1883), Komponistin und Pianistin

Tyrrell Agnes, Komponistin und Pianistin. Geb. Brünn, Mähren (Brno, CZ), 20. 9. 1846; gest. ebd., 18. 4. 1883. Tochter des in Brünn tätigen engl. Sprachlehrers Henry Foster T. und seiner Frau Josephine T., geb. Kotulan. – T. spielte seit ihrem dritten Lebensjahr Klavier. Ihre systemat. Ausbildung begann sie mit sechs Jahren als Schülerin des Musikfreunds und Brünner Gmd.rats Wilhelm Kunst. Sie galt als Wunderkind und gab wahrscheinl. 1855 ihr erstes öff. Benefizkonzert mit →Ludwig van Beethovens Sonate für Klavier und Violine in F-Dur. Als ausgez. Klavierspielerin nahm T. an zahlreichen Auff. teil, auch mit eigenen Werken. Neben einer brillanten und sicheren Technik hatte sie gemäß der zeitgenöss. Kritik einen innigen und beseelten Anschlag, mit dem sie v. a. in Kantilenen und an getragenen Stellen bestach. Ab 1862 stud. T. in Wien am KdM bei →Josef Dachs sowie als Privatschülerin von →Josef Adalbert Pacher. Nach Brünn kehrte sie als techn. perfekte Spielerin zurück und widmete sich i. d. F. dem Stud. der Komposition bei →Otto Kitzler, einer führenden Persönlichkeit des Brünner Musikver. Daneben stud. sie Gesang und Violine. Da T. aufgrund gesundheitl. Probleme weitestgehend auf eine Karriere als Konzertkünstlerin verzichten musste, richtete sie ihre Energie auf das Komponieren und schuf in schneller Folge zahlreiche Werke. Den Schwerpunkt ihrer Kompositionstätigkeit bildeten Klavierstücke, darunter zwei Sonaten, Etüden, Rhapsodien, Nocturnes, Balladen und andere Charakterstücke, sowie Lieder für Frauen-, Männer- und gemischte Chöre, von denen einige sowohl in Brünn (durch Kitzler) als auch an anderen Orten erfolgreich aufgef. wurden. Darüber hinaus komponierte T. ein Streichquartett, drei Konzertouvertüren, eine Sinfonie für großes Orchester sowie die zweiaktige Oper „Bertran de Born“ nach der gleichnamigen Ballade von Ludwig Uhland (Libretto: →Franz Keim). Ihr letztes, unvollendet gebliebenes Werk war das Oratorium „Die Könige in Israel“. Im Druck erschienen bei →Carl Anton Spina in Wien ihre Polka Mazurka und zwei Nocturnes (1872) sowie bei Friedrich Schreiber „Zwölf große Studien“ (1874), die sie →Franz v. Liszt widmete. Dieser schätzte die Werke laut einem an sie gerichteten Schreiben sehr hoch, doch kam es nie zur persönl. Begegnung, an der Liszt, so die Korrespondenz, sehr gelegen gewesen wäre. T.s Briefwechsel mit Keim befindet sich in der Wienbibl. im Rathaus, Wien.

Weitere W.: s. Marx – Haas. – Teilnachlass: Moravské zemské muz., Brno, CZ.
L.: Grove 1980, 2001; Ch. d’Elvert, Geschichte der Musik in Mähren und Oesterr.-Schlesien, 1873, S. 185f.; J. Fukač, in: Sborník prací Filosofické fak. Brněnské univ., 1970, H. 5, S. 63ff.; ders., in: Opus musicum 3, 1971, S. 269ff.; E. Marx – G. Haas, 210 Österr. Komponistinnen …, 2001, S. 358ff. (m. B. u. W.); V. Chmelová, in: Opus musicum 38, 2006, Nr. 4, S. 15ff. (m. B.); M. Schulmeisterová, A. T. Život a dílo, musikwiss. Diss. Brno, 2011.
(P. Macek)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 32
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