Udvary (von Udvarhely), Ferenc d. J. (1868–ca. 1913), Sportler, Bankdirektor und Politiker

Udvary (von Udvarhely) Ferenc d. J., Sportler, Bankdirektor und Politiker. Geb. Körmend (H), 12. 6. 1868; gest. bei Tschataldscha, Osman. Reich (Çatalca, TR), ca. 1913; röm.-kath., ab 1912 islam. Sohn von Ferenc U. (v. U.) d. Ä. (s. u.), Bruder des Sportlers und Gen.dir. der Städt. Sparkasse in Steinamanger Jenő U. (v. U.) (gest. Steinamanger/Szombathely, H, 26. 11. 1904; röm.-kath.); ab 1896 verheiratet mit Ella U. (v. U.), geb. Barthodeiszky v. Rátk u. Salamonfa (geb. 1876; gest. Beled, H, 23. 6. 1940). – Nach dem Schulbesuch in Ungarn absolv. U. die Handelsakad. in Graz. Anschließend zwei Jahre lang in der von →Nándor Süss geleiteten Staatl. Lehrwerkstätte für Mechanik in Budapest tätig, arbeitete er danach als Buchhalter bzw. Sekr. in der von seinem Vater gegr. Sparkasse in Körmend. 1888–89 leistete er das Einjährig-Freiwilligen-Jahr ab. 1893 Mitbegründer und Dir., ab 1896 geschäftsführender Dir. der Städt. Sparkasse in Steinamanger (Szombathely Városi Takarékpénztár), war er auch Mitbegründer und Gen.dir. der Zentralen Volkssparkassen AG (Központi Takarékpénztár Rt.) in Budapest sowie Leiter der Ersten Sparkasse des Kom. Eisenburg-Zala (Vas-Zala megyei első Takarékpénztár). 1902 stieg er in die Politik ein und vertrat bis 1907 als RT-Abg. der Kath. Volkspartei den Zirczer Bez. des Kom. Veszprim im ung. RT. Bes. in Erscheinung trat U. als einer der Pioniere des Radsports in Ungarn. 1881 lernte er Radfahren, ab 1884 verwendete er ein Veloziped. I. d. F. Gründer und Leiter von Sport- bzw. Radsportver. (Körmendi Vasparipa Egylet, 1889; Pannonia Magyar Kerékpárosok Egylet, 1892; Vasvármegyei Sport Egylet, 1893), nahm er an zahlreichen Rennen teil, wobei er mehrere Preise gewann, u. a. 1893 in Steinamanger den Goldenen Pokal, einen von Erzhg. Albrecht Salvator gestifteten Ehrenpreis. U., der über außergewöhnl. körperl. Kraft und Kondition verfügte, absolv. auch Distanzstrecken, die selbst unter heutigen Verhältnissen eine Herausforderung für Mensch und Material darstellen. So fuhr er 1889 gem. mit seinem Bruder von Körmend über Graz, Salzburg, München und Straßburg mit dem Veloziped zur Pariser Weltausst. Auf der Rückfahrt, die über die Schweiz, Venedig und Triest führte, besuchte er →Lajos Kossuth v. Udvard u. Kossut in Turin. 1891 tourte er von Körmend über Mariazell und das Salzkammergut nach München. Seine Erlebnisse hielt er in dem Reiseber. „Körmendtől Párisig kerékpáron és vissza Turinnak“ (1891) fest. Des Weiteren entwarf er Radbekleidung und die „Udvary-Tasche“, die, auf einem Fahrrad montiert, den Transport von Reisegepäck ermöglichte. U.s glänzende Finanzfachmann- und Sportlerkarriere fand 1906 ein jähes Ende, als er wegen dubioser Finanzgeschäfte nicht nur sein eigenes Vermögen verlor, sondern auch mehreren Gläubigern, darunter den von ihm geleiteten Geldinst., erhebl. Schaden zufügte. 1907 wurde aufgrund dieser Vermögensdelikte seine Immunität aufgehoben. Um der drohenden Verhaftung zu entgehen, floh U. zunächst nach Ägypten, dann nach Rumänien, wo er in Bukarest unter dem Decknamen Ignaz David From als Maler lebte. Anfang 1912 erkannt, suchte er Zuflucht in der Türkei und wurde im März 1912 in Smyrna verhaftet. Zu einer Auslieferung an Ungarn kam es jedoch nicht, da U. zum Islam konvertierte. I. d. F. kämpfte er unter dem Namen Udver Bei als Off. in der Armee des Osman. Reichs. Er soll in den Kämpfen an der Tschataldscha-Linie gefallen sein. Sein Vater, der Bankdir. und Politiker Ferenc U. (v. U.) d. Ä. (geb. Körmend, 5. 2. 1840; gest. ebd., 24. 3. 1904; röm.-kath.), ab 1866 verheiratet mit Irma U. (v. U.), geb. Prevendár (geb. um 1847; gest. Körmend, 6. 3. 1891; röm.-kath.), besuchte das Untergymn. und bildete sich autodidakt. weiter. Ab 1866 Notar und ab 1873 Vizerichter von Körmend, gründete er dort 1865 einen Selbsthilfe-Ver. für Handwerker und Gewerbetreibende, der 1871 in die Erste Sparkasse des Kom. Eisenburg-Zala umgewandelt wurde, als deren Dir. er amtierte. Später auch Vizepräs. des Landes-Pensionsinst. der ung. Geldinst. und AG (Magyar pénzintézetek és részvényvállalatok országos nyugdíjintézete), fungierte er 1887 als RT-Abg. der Unabhängigkeits- und Achtundvierziger-Partei für den St. Gottharder Bez. des Kom. Eisenburg. Des Weiteren initiierte er in seiner Geburtsstadt die Einrichtung der Freiwilligen Feuerwehr (1868), den Bau des ersten Krankenhauses (1869) sowie einer Wohlfahrtseinrichtung für Kleinkinder (1872).

L.: Grazer Volksbl., 23. 8. 1889; Pester Lloyd, 24. 8. 1893 (Abendbl.), 8. 2., 20. 3. 1912, 8. 4. 1913; Tribuna, 14. 1. 1907; Dt. Volksbl., 30. 7. 1913; Salzburger Chronik, 3. 8. 1913; Szinnyei; Új Országgyűlési Almanach 1887–92, ed. A. Sturm, 1888, S. 325; Zalai Közlöny 30, 1891, Nr. 11, S. 2; Magyarország és a Nagyvilág – Ungarn und Ausland 3, 1898, Nr. 3 (m. B.); Vasárnapi Ujság 51, 1904, S. 209, 843; Sturm-féle Országgyűlési Almanach 1905–10, ed. H. Fabro – J. Ujlaki, 1905, S. 415; Sportszertár – Kerékpár Sportolók (nur online, Zugriff 12. 8. 2015). – F. U. (v. U.) d. Ä.: Szinnyei; Magyarország és a Nagyvilág – Ungarn und Ausland 3, 1898, Nr. 3; A szövetkezett balpárt arcképcsarnoka, 1905, S. 225 (m. B.); A. Toth, Parteien und Reichstagswahlen in Ungarn 1848–92, 1973, S. 332.
(Á. Z. Bernád)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 42f.
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