Uffenheimer, Jonathan (Johann) Gabriel (1778–um 1855), Industrieller

Uffenheimer Jonathan (Johann) Gabriel, Industrieller. Geb. Frankfurt am Main, Reichsstadt (D), 1778; gest. um 1855; mos., 1821 in Guntramsdorf röm.-kath. getauft. Sohn des Salzhändlers Gabriel U. (geb. Hohenems, Freie Reichsgrafschaft/Vbg., 1727; gest. Wien, 28. 7. 1806) und von Eva U., geb. (Hindel) Schuyrn (geb. Frankfurt am Main, 1756; gest. Wien, 5. 3. 1814), Vater von →Max (Maximilian Anton) U., Carl U. (1808–1891), der 1841 Mitges. der Fa. J. G. U. wurde und 1829 eine Methode erfand, Stickmuster auf Papier oder Stoff statt mit freier Hand durch Patronen aufzutragen (1872 Löschung der Fa. im Handelsreg.), und des Min.rats im Reichsfinanzmin. Eduard Philipp (U.) v. Tennheim; verheiratet mit Therese U., geb. Leidesdorfer (geb. Pest/Budapest, H, 1784; gest. 5. 7. 1852). – Die Familie übersiedelte 1779 nach Innsbruck. 1804 gründete U. eine Papier- und Spielkartenfabrik in Guntramsdorf. 1819 ging diese in den Besitz von Matthias Bernhard Weyher, Lorenz Fernau v. Gelinck und Anton Estler über. Bereits 1813 bzw. neuerl. 1832 bekam U. die Genehmigung, in Wr. Neustadt eine Papierfabrikation zu errichten, jedoch mit der Einschränkung, dass er sich dort nach dem Judenpatent von 1782 nicht niederlassen durfte. 1818 erhielt U., der an die 200 Papiersorten liefern konnte, ein Patent für sechs Jahre auf eine von ihm erfundene Methode zur Bleichung von Papier mit Chlor. Da bisher ein Tl. des Bleichmittels im Papier zurückgeblieben war, was zu dessen Zerstörung führte, leitete man das durch Destillation von Steinkohle entstehende Gas hindurch, um das noch vorhandene Chlor zu entfernen. Die in der Guntramsdorfer Papiermühle erzeugten Post- und Velinpapiere zeichneten sich durch ihr Weiß und ihre Feinheit aus. 1821 wurde U.s chem.-techn. Sied- und Trockenapparat auf fünf Jahre patentiert. 1824 erhielt er eine Landesfabriksbefugnis zur Verfertigung von Spielkarten (Löschung 1826; 1827 wurde die Löschung der Fa. J. G. U. angeordnet). 1824 ließ sich U. außerdem eine Stratzenschneidmaschine patentieren. Durch das Fortschieben von Material zur Herstellung von Hadernbändern (Textilabfälle) wurden diese der Länge nach in Streifen und bei einem zweiten Durchgang in viereckige Stücke geschnitten. Diese Erfindung ersparte Arbeitszeit und Kosten bei der Papierherstellung. U. hatte auch in Wien eine Niederlassung am Petersplatz. 1808 hatte U. auf eigene Kosten Johann Christoph Adelungs „Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart … Vergleichung der übrigen Mundarten …“ in 4 Bde. in einer von Franz Xaver Schönberger revidierten Fassung hrsg.

L.: Exner, Gewerbe und Erfindungen 1, S. 494; Systemat. Darstellung der neuesten Fortschritte in den Gewerben und Manufacturen … 1, ed. St. v. Keess – W. C. W. Blumenbach, 1829, S. 582f., 588f.; A. Goldmann u. a., Nachträge … zur Geschichte der Juden in Österr., 1936, S. 80, 170, 323; Die Geschichte der Papiermühle in Stattersdorf, 1948, S. 109f.; Das k. k. National-Fabriksprodukten-Kabinett, ed. Th. Werner, 1995, S. 58, 173; W. Sulzgruber, Die jüd. Gmd. Wr. Neustadt, 2005, S. 26; G. A. Stadler, Das industrielle Erbe NÖ: Geschichte, Technik, Architektur, 2006, S. 288; P. R. Frank – J. Frimmel, Buchwesen in Wien 1750–1850, 2008, S. 148; Website Talon, österr.-ung. Spielkartenver. Wien/Budapest (Zugriff 26. 1. 2015); Pfarre Guntramsdorf, NÖ.
(I. Nawrocka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 50f.
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