Ullrich, Joseph (1790–1858), Entomologe und Beamter

Ullrich Joseph, Entomologe und Beamter. Geb. Piltsch, Preußen (Pilszcz, PL), 24. 5. 1790; gest. Wien, 15. 11. 1858; röm.-kath. Sohn des Bauern Anton U. und der Appolonia U. – Nach Absolv. des Gymn. in Leobschütz in Preuß.-Schlesien besuchte U. 1810–13 die Architekturschule der ABK in Wien und hörte öff. Vorlesungen zur Mathesis forensis an der phil. Fak. der Univ. Wien. Nach einer dreijährigen Maurerlehre in Klosterneuburg begann er 1816 seine amtl. Laufbahn als zeitl. Diurnist des Baudep. der nö. Prov.-Staatsbuchhaltung. 1817 als beeideter Diurnist beim Hofbaurat in Wien angestellt, wechselte U. 1819 als Ingrossist zum Baudep. in Triest. 1824 zum Rechnungsofficial im Baudep. der Staatsbuchhaltung in Linz ernannt, kam er auf sein Ansuchen hin in gleicher Position 1840 zum Hofbaurat nach Wien. 1847 zum Obering. befördert und zunächst dem Hofstaatsbaudep., später der Gen.baudion. in Wien zugewiesen, wurde U. 1848 zum Hof-Konz. ernannt und schließl. zum Vorstand des Hofstaatsbaudep. (später: Bausektion des Min. für Handel, Gewerbe und öff. Bauten) bestellt; in dieser aktiven Position verstarb er. U. galt als einer der eifrigsten und bekanntesten Insektensammler Österr. Smlg.schwerpunkte bildeten Käfer und Kleinschmetterlinge aus Europa und allen weiteren damals zugängl. Teilen der Welt. Seit seiner Jugend korrespondierte er mit zahlreichen Fachgelehrten. Bereits in der 1. Aufl. (1821) des berühmten „Catalogue de la collection de coléoptères de M. le Baron Dejean“ von Pierre François Dejean wurde er als Mitarb. erwähnt. Für die von dem Entomologen August Ahrens begonnene und durch den Entomologen und Mineralogen Ernst Friedrich Germar weitergeführte „Fauna insectorum Europae“ (1812–47 in 24 Faszikeln) lieferte U. Material und verf. auch einige Neubeschreibungen. Zum Verzeichnis der Entomologen Europas von Johannes Gistl teilte er briefl. ergänzende Daten zur Habsburgermonarchie mit (in: J. Gistl, Vacuna 1, 1857). Seine reichhaltige Käfersmlg. gelangte noch zu Lebzeiten durch Vermittlung von →Vincenz Kollar an das zoolog. Hof-Cabinet und bildete 1858 eine wesentl. Basis für die 2. Aufl. des analyt. Werks „Fauna Austriaca. Die Käfer“ von →Ludwig Redtenbacher. Die Smlg. befindet sich noch heute im Naturhist. Mus. Wien. U. war ab 1843 o. Mitgl. der Pract. Gartenbauges. zu Frauendorf in Bayern und ab 1844 des entomolog. Ver. zu Stettin. Nach ihm wurden 1824 der Höckerstreifen-Laufkäfer (Carabus ullrichi), 1835 die U.-Radspinne (Epeira ullrichi), 1836 eine Bodenwanze Trapezonotus ullrichi, 1842 ein Laufkäfer Elaphrus ullrichi, 1844 eine Bodenwanze Ophthalmicus ullrichi und 1860 eine Blumenwanze Triphleps ullrichi benannt.

L.: WZ, 11. 4. 1848, 1. 12. 1858; Wurzbach; J. Gistel, Die jetzt lebenden Entomologen, Kerffreunde und Kerfsammler Europa’s und der übrigen Continente, 1834, S. 68; B. Pillwein, Neuester Wegweiser durch Linz und seine nächste Umgebung, 1837, S. 130; F. Grässner, Die jetzt lebenden Entomologen vorzugsweise Dtld. und der angrenzenden Länder, 1857, S. 85; G. Kraatz in: Dt. Entomolog. Z. 22, 1878, S. 134; G. Nonveiller, The Pioneers of the Research on the Insects of Dalmatia, 1999, S. 266f.; Pfarre St. Karl Borromäus, Wien; Pfarre Pilszcz, PL; Mitt. Martin Lödl, Harald Schillhammer, beide Wien.
(M. Svojtka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 82f.
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