Unterberger, Franz Richard; eigentl. Franz Xaver Johann, ab 1859/60 Künstlername Franz Richard U. (1837–1902), Maler

Unterberger Franz Richard, eigentl. Franz Xaver Johann, ab 1859/60 Künstlername Franz Richard U., Maler. Geb. Innsbruck (Tirol), 6. 9. 1837 (Taufdatum); gest. Neuilly-sur-Seine (Paris, F), 25. 5. 1902 (begraben: Innsbruck); röm.-kath. Sohn von →Franz Maria U. und dessen 2. Ehefrau Anna U., geb. Strobl (geb. München, Bayern/D, 8. 10. 1809; gest. Innsbruck, 14. 3. 1865), die aus einer Münchner Beamtenfamilie stammte und die Schwester der für die Schönheitengalerie Kg. Ludwigs I. in München porträtierten Auguste Strobl war; ledig. – U., der ursprüngl. den elterl. Betrieb übernehmen sollte, besuchte die Normalschule in Innsbruck und 1851–53 die Handelsakad. in München. I. d. F. wechselte er aber zur bildenden Kunst und wurde Schüler von Albert Zimmermann, der in München eine private Malerschule für Landschaftsmalerei unterhielt und sich auf die Darstellung von Gebirgslandschaften spezialisiert hatte. Von diesem lernte er die exakte Naturstud. mit Beobachtung der tages- und jahreszeitl. atmosphär. Stimmungen ohne überhöhendes Pathos. Von dem aus der Düsseldorfer Johann-Wilhelm-Schirmer-Schule gekommenen Julius Lange profitierte er zusätzl. gesellschaftl. 1858 folgte U. Zimmermann für ein Jahr an die Accad. di Belle Arti di Brera nach Mailand (Scuola di Ornato). Ab 1857 beschäftigte er sich mit Tiroler Hochgebirgsmalerei („Piburgersee mit Acher Kogel“, „Winterlandschaft“) und stellte erstmals im Wr. Kunstver. aus. 1860 schloss er sich der von der Akad. unabhängigen, mit der Romantik brechenden, detailnaturalist. Düsseldorfer Schule der Landschaftsmalerei von Andreas Achenbach und Oswald Achenbach an, deren Künstler sich im Ver. Malkasten organisierten. U. – neben August Wilhelm Leu, Albert Flamm und Albert Arnz einer der besten Schüler – wurde ein Meister in der Darstellung des im südl. Mittagslicht gleißenden Meeres und des aufsteigenden Wasserdampfs und schuf einzigartige Küstenansichten von Neapel, Palermo und La Valetta. Seine pittoresken Prospekte fanden ihren Weg bis nach Buffalo, New York und Melbourne und wurden bald kopiert. Vorübergehend hielt sich U. in Weimar auf, ab 1864 wohnte er in Schaerbeek bei Brüssel, dort in der Nähe des Maison des Arts, dem Treffpunkt der Société Libre des Beaux-Arts (der sog. Realist. Meister von Schaerbeek), denen an einer Erneuerung der Landschaftsmalerei gelegen war; 1868 übersiedelte er nach Brüssel. U. unternahm zahlreiche Stud.reisen nach Italien und ab den frühen 1860er-Jahren nach Norwegen („Urnes im Sognefjord“, 1861 im Tiroler Landesmus. Ferdinandeum und im Wr. Kunstver. ausgest.; „Ansicht der Insel Terröen“, 1864 in München ausgest.). Ab 1866 beteiligte er sich regelmäßig an Ausst. des Großen Salons von Brüssel, 1873 war er mit „Sorrent, Golf von Neapel“ und „Terröen, Küste von Norwegen“ auf der Wr. Weltausst. vertreten. In den Sommermonaten betrieb U. ein Atelier in Neuilly-sur-Seine, in dem er die Pleinair-Stud. in szen. inszenierte Großgemälde übertrug. Er kopierte auch fremde Motive, z. B. Carl Jungheims „Goldene Meile bei Remagen“; in kleinen Versatzstücken (z. B. Balkon mit Staffage) zeigte er eine auffallende Nähe zu Edoardo Dalbono. U., der ab den späten 1880er-Jahren mit Bildern des „ästhetischen Déjà-vu“ auf kommerziellen Erfolg setzte, war mit seinen Arbeiten auf in- und ausländ. Ausst. vertreten, so im Pariser Salon, bei der Pariser Weltausst. 1878, bei der Exposición Nacional de Venezuela in Caracas 1883, im London Crystal Palace 1884, mehrmals in Berlin, in Rotterdam 1891 („Hochzeit in Norwegen“; „Ansicht auf Capri im Sonnenuntergang“) und im Glaspalast München 1893 („Strada a Monreale, Palermo“, ein Thema von 1884, in vielen Fassungen wiederholt). U. war ab 1858 Mitgl. des Münchener Kunstver., ab 1874 k. M. der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus) und ab 1899 Ehrenmitgl. des Tiroler Landesmus. Ferdinandeum; 1874 Ritter des Franz Joseph-Ordens, 1893 Tit.prof. Seine Arbeiten befinden sich in zahlreichen Mus., z. B. Tiroler Landesmus. Ferdinandeum, Innsbruck (u. a. „Amalfi“, 1893), Diözesanmus. Brixen, Musée Saint-Loup, Troyes, Musée Bossuet, Meaux, Rhein. Landesmus. (LVR-LandesMus.), Bonn, Archiv des Künstlerver. Malkasten, Düsseldorf, Galerie Neue Meister, Dresden, und National Gallery of Victoria, Melbourne.

Weitere W.: s. Moser, 1986.
L.: Bote für Tirol, 17., 29., Innsbrucker Nachrichten, 17. 12. 1902; Fuchs, 19. Jh.; Thieme–Becker; Wurzbach; S.-K. Moser, in: FS H. Mackowitz, ed. dies. – Ch. Bertsch, 1985, S. 139ff.; S.-K. Moser, F. R. U. und die salonfähige Landschaftsmalerei im 19. Jh., 1986 (m. B. u. W.); dies., in: Rassegna del Centro di Cultura e Storia Amalfitana 7, 1987, Nr. 13/14, S. 91ff.; G. Ammann – dies., F. R. U. 1837–1902, Innsbruck 1987 (Kat., m. B.); R. Rüsch, in: Der Schlern 77, 2003, H. 8/9, S. 76ff. (m. B.); G. Pfaundler-Spat, Tirol-Lex., neu bearb. Aufl. 2005; S.-K. Moser, in: Kunst in Tirol 2, ed. P. Naredi-Rainer – L. Madersbacher, 2007, S. 537, 550.
(S. Moser-Ernst)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 112f.
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