Unterrichter von Rechtenthal, Franz Sales Frh. (1775–1867), Politiker, Beamter und Schriftsteller

Unterrichter von Rechtenthal Franz Sales Frh., Politiker, Beamter und Schriftsteller. Geb. Kaltern, Tirol (Kaltern/Caldaro, I), 19. 12. 1775; gest. Graz (Stmk.), 30. 12. 1867 (begraben: Kaltern); röm.-kath. U. stammte aus einer seit dem frühen 14. Jh. nachweisbaren und 1575 nob. Familie, die ab 1732 das Prädikat „von Rechtenthal“ trug und immer wieder Querverbindungen zu Geheimbünden, allen voran den Freimaurern, aufwies. Sohn des Richters und Gutsbesitzers Joseph U. v. R., Vater der Großgrundbesitzer und liberalen Abg. zum Tiroler LT Karl U. Frh. v. R. (geb. Kaltern, 1. 6. 1816; gest. Brixen, Tirol / Brixen/Bressanone, I, 3. 2. 1902) und Otto U. Frh. v. R. (geb. Kaltern, 5. 1. 1818; gest. Tramin, Tirol / Tramin/Termeno, I, 29. 9. 1908); ab 1807 verheiratet mit Josefa Elisabeth Walburga U. Freifrau v. R., geb. Drouin de la Verte (geb. Landsberg, Bayern / Landsberg am Lech, D, 27. 12. 1786; gest. Graz, 10. 12. 1854). – Durch seine Erziehung und sein Interesse an Geschichte wurde U. früh von den aufklärer. Ideen des Josephinismus und Friedrichs II. von Preußen beeinflusst und stud. 1792–98 in Innsbruck Phil. und Rechtswiss.; 1798 Dr. iur., im selben Jahr Vereidigung als Advokat in Innsbruck. I. d. F. besetzte der fließend Italien. sprechende und republikan. gesinnte U. in verschiedener Funktion öff. Stellen: So war er Advokat in Rovereto, Beamter beim Landgericht Kaltern, Advokat beim Adels-Gericht Bozen, Prof.-Supplent der Statistik und der polit. Wiss. in Innsbruck, Rat bei der kgl.-bayer. Obersten Justizstelle in Ulm und später in München, Reg.Rat in Innsbruck, HR der Obersten Justizstelle von Verona, Präs. des Tribunals von Belluno sowie Vors. des Vize-Präsidiums des Regierungsgerichts in Venedig. 1828 wurde U. nach Mailand und 1834 nach Klagenfurt versetzt, wo er schließl. 1842 zum Regierungspräs. und Geh. Rat ernannt wurde. 1848 wurde er in die Frankfurter Nationalversmlg. gewählt. Von Anfang an sprach sich U., der als Dt.-Tiroler Abg. zur liberalen Fraktion zählte und als einziger Tiroler den Adelsstand vertrat, für die Großdt. Lösung aus. Sein polit. Einsatz galt einer starken Zentralgewalt. Er hielt nichts von Sonderwünschen der Stände und Fürsten und befürwortete ein großes dt. Heer sowie eine ebenso starke dt. Flotte. Dazu schlug er die schon früher eingebrachte Vereinigung Istriens, der anliegenden Inseln und des Bez. Monfalcone mit Dtld. vor. Seine erklärte Absicht war es, dadurch den dt. Zugang zur Adria zu sichern. U. legte einen „Entwurf einer Staatsverfassung für Deutschland“ (1848) vor, in der er sich für eine konstitutionelle Monarchie aussprach. Er verstand diesen Entwurf als Auseinandersetzung mit und Anregung für ein neues geeintes Dtld. Bezügl. der einzelnen Landestle. sollte nach liberal-konstitutionellen Vorstellungen vorgegangen werden. Das vorzeitige Ende der Nationalversmlg. im April 1849 bedeutete auch das Ende einer gegen U. eingeleiteten Polemik in Tirol, wo er mit seiner Politik letztl. an der zahlenmäßig überlegenen konservativen Gegnerschaft gescheitert war. Ein Jahr später wurde der 1836 in den Frh.stand erhobene U. in Klagenfurt i. d. R. versetzt. Schon in seiner Jugend hatte er sich für Literatur interessiert, v. a. für hist. Dramen. Er versuchte sich selbst als Autor ritterl. Schauspiele, widmete sich der literar. Aufarbeitung des Lebens geschichtl. Potentaten und hinterließ zahlreiche Werke, von denen das 1839 anonym erschienene epische Ged. „Otto der Große und die Ungarn“ das wohl anspruchsvollste ist.

Weitere W.: s. Mittermaier.
L.: Wurzbach; K. Mittermaier, F. v. U. Eine polit. Monographie des Tiroler Politikers in der Frankfurter Nationalversmlg. 1848/49, 1991 (m. B. u. W.); H. Best – W. Weege, Biograph. Hdb. der Abg. der Frankfurter Nationalversmlg. 1848–49, 1996.
(K. Mittermaier)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 116f.
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