Urbanitzky, Alfred Ritter von; eigentl. von Urbanitzky Mühlenbach (1852–1905), Elektrotechniker

Urbanitzky Alfred Ritter von, eigentl. von Urbanitzky Mühlenbach, Elektrotechniker. Geb. Voitsberg (Stmk.), 2. 8. 1852; gest. Wien, 29. 4. 1905; röm.-kath. Sohn des Berghptm. Karl (Carl) Edler v. U. (gest. Baden, NÖ, 5. 2. 1892) und seiner Frau Wilhelmine v. U., geb. Friedenheim; verheiratet mit der Fabrikantentochter Marie v. U., geb. Herzig. – U. besuchte ab 1864 das Realgymn. und die Oberrealschule in St. Pölten, wo er 1871 maturierte. Anschließend stud. er an der chem. Fachschule des polytechn. Inst. bzw. der TH Wien (1875 Absolutorium). 1875/76 hörte er an der Univ. Wien Vorlesungen aus Physik und führte physikal. Arbeiten im Laboratorium von Edmund Reitlinger an der TH durch, wo er 1876 Ass. an der 2. Lehrkanzel für Physik wurde. 1879 beschrieb U. gem. mit Reitlinger die Gasaufnahme von Kathoden in Leuchtstoffröhren, ferner wie sich an der Röhreninnenwand ein grüner Phosphoreszenzfleck bildete, wenn man sich mit einem Leiter von der Außenseite näherte. 1877 hatte er gem. mit →Franz Nissl an der TH Wien eine erste Fernübertragung von Musik mittels Bell’scher Telephone über eine 210 km lange Telegraphenleitung präsentiert. Mit Unterstützung des Min. für Cultus und Unterricht besuchte er 1877 namhafte chem. und physikal. Inst. in Dtld. und wurde im selben Jahr mit einer Diss. „Über die Schichtung des elektrischen Lichtes“ zum Dr. sc. nat. der Univ. Tübingen prom. Stud.reisen führten ihn u. a. in die Schweiz und nach Frankreich. 1893 wurde er Bauadjunkt im Handelsmin. U. war einer der Mitbegründer und Förderer des 1883 ins Leben gerufenen Elektrotechn. Ver. in Wien (heute Österr. Verband für Elektrotechnik). Auf der Internationalen Pariser Elektr. Ausst. 1881 bereitete er gem. mit →Josef Kareis, →Ernst Mach und anderen anwesenden österr. Natur- und Technikwiss. dessen Gründung vor. 1883 gehörte er zu jenen, die persönl. erfolgreich bei Kronprinz →Rudolf wegen eines Ver.-Protektorats vorsprachen. Im selben Jahr verf. er eine kurze Gründungsgeschichte des Ver. im Ver.periodikum „Zeitschrift für Elektrotechnik“. In den ersten Jahren war er Mitgl. im Ausschuss (nach heutigem Verständnis Präsidialmitgl.) sowie im Ad hoc-Komitee und Schriftführer. 1887–97 leitete er die von ihm aufgebaute Ver.bibl. (heute an der Univ.bibl. der TU tw. erhalten). Seine größte Bedeutung entfaltete er aber als international anerkannter Wiss.publizist auf dem Gebiet der Elektrotechnik und der Physik. Neben Veröff. zur Telegraphie und zum Blitzschutz verf. er zahlreiche und umfangreiche populäre Gesamtdarstellungen zur Elektrotechnik, meist für die viel gelesene Reihe „A. Hartleben’s Chemisch-technische Bibliothek“. Am bekanntesten ist die, einen Aufsatz von Werner v. Siemens paraphrasierende, Gesamtdarstellung „Die Elektricität im Dienste der Menschheit“ (1885, 2. Aufl. 1895), die unter dem Titel „Electricity in the service of man“ (1886, gem. mit Richard Wormell und Robert Mullineux Walmsley) auch auf Engl. erschien. Erwähnenswert ist noch die Monographie „Das elektrische Licht und die hierzu angewendeten Lampen, Kohlen und Beleuchtungskörper“ (1883, 3. Aufl. 1890), die als „Les lampes électriques et leurs accessoires“ (1885) ins Französ. übers. wurde. Mit dem Werk „Elektricität und Magnetismus im Alterthume“ (1887, Neudruck 1967) wandte sich U. auch der Wiss.geschichtsschreibung zu. Er war ab 1901 Mitgl. des Österr. Ing.- und Architekten-Ver.

Weitere W.: Blitz und Blitz-Schutzvorrichtungen, 1886; Abhh. u. a. in Sbb. Wien, math.-nat. Kl., Neueste Erfindungen und Erfahrungen.
L.: NWT, 30. 4. 1905; Eisenberg 2; ZÖIAV 57, 1905, S. 283; Wr. Bauind.-Ztg. 22, 1905, S. 225; Elektrotechn. Ver. in Wien. 30 Jahre seines Bestandes 1883–1913, 1913; R. Bock, Elektr. Entladungen in Gasen bei vermindertem Druck. Die Entdeckung des Elektrons, 2008, S. 203; G. Luxbacher, „Praktiker, Theoretiker und Freunde der Elektrotechnik“, 2013, s. Reg.; TU, WStLA, beide Wien; Pfarre Voitsberg, Stmk.
(G. Luxbacher – E. Offenthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 132f.
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