Urlinger, Paul (1814–1889), Geometer und Geistlicher

Urlinger Paul, Geometer und Geistlicher. Geb. Seitenstetten (NÖ), 29. 11. 1814; gest. Scheibbs (NÖ), 8. 7. 1889. Nach der Gymn.zeit in den Stiften Seitenstetten und Kremsmünster widmete sich U. der Theol. Er wurde 1838 in St. Pölten zum Priester geweiht, seine Erstlingsstation war Gresten. Dort war er bis 1860 Benefiziat, anschließend wirkte er als Pfarrer in Scheibbs, in seinem letzten Lebensjahr als infulierter Propst des Stifts Zwettl. In Gresten konnte er neben seiner seelsorger. Tätigkeit seinen vielfältigen Interessen nachgehen und diese bis zur Perfektion pflegen. Er war wie Wilhelm Albert Schleicher und Josef Eberstaller ein begeisterter Bergsteiger, alle erreichbaren Gipfel der Umgebung bestieg er mehrmals, den Ötscher über dreißigmal, um Entwürfe und Skizzen von Gebirgspanoramen anzufertigen und Höhenbestimmungen vorzunehmen. I. d. F. gehörte er zu dem Kreis von Forschern und Wiss., die zusammen mit →Moritz Alois v. Becker das zweibändige Werk „Der Ötscher und sein Gebiet“ (1859–60) verf. Seine darin veröff. Panoramaskizze des Ötschers erfuhr 1877 als Beil. zum „Jahrbuch des Österreichischen Alpenvereines“ eine 2. Aufl. U. stellte Barometer, Thermometer und Hygrometer her. Sein Haus war von ihm selbst mit elektr. Strom versorgt worden. 1854 erschien das von ihm und Schleicher gezeichnete und in Zink radierte „Panorama vom Hochkohr“, 1862 der Aquatintastich „Gebirgsaussicht auf dem Blassenstein“. 1873 veröff. er im Eigenverlag den Bd. „20.000 Höhenbestimmungen der bekannteren Berge und Orte in der ganzen österreichisch-ungarischen Monarchie ...“, in dem er alles bisher bekannte Material zusammenfasste. Die darin angeführten Höhenangaben der engeren Umgebung hatte er selbst teils barometr., teils mittels Nivellement bestimmt. Bald nach ihrem Aufkommen beherrschte er auch die Daguerreotypie. Nebenbei betrieb er Homöopathie und war als gesellige Person überall ein gern gesehener Gast, u. a. im herrschaftl. Schloss Stiebar bei Gresten bei →Josefine Freiin v. Knorr und ihrem Freundeskreis. Im Juli 1888 feierte er sein goldenes Priesterjubiläum. 1887 Ritter des Franz Joseph-Ordens. Die 1888 auf dem Blassenstein erbaute Warte (1903 durch einen Neubau ersetzt) wurde nach ihm benannt.

L.: NFP, 10. 7. 1889; C. Fritsch, in: Jb. für Landeskde. von NÖ 2, 1868–69, S. 375; A. Erdinger, Bibliographie des Clerus der Diöcese St. Pölten ..., 2. Aufl. 1889; A. Kerschbaumer, Gentiana Austriaca. Erinnerungen aus dem Erlafthale, 1902, S. 7ff. (m. B.); H. H. Hottenroth, In Memoriam. Persönlichkeiten, Personen, Leute, Menschen. 109 Kurzbiographien, 1984; Diözesanarchiv St. Pölten, Privatarchiv Schleicher – Hottenroth, Scheibbs, beide NÖ.
(H. H. Hottenroth)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 136f.
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