Vacano, Emil Mario (Emil Ferdinand) (1840–1892), Schriftsteller

Vacano Emil Mario (Emil Ferdinand), Schriftsteller. Geb. Mähr. Schönberg, Mähren (Šumperk, CZ), 16. 11. 1840; gest. Karlsruhe, Großhg.tum Baden (D), 9. 6. 1892; röm.-kath. Sohn des Katastral-Schätzungs-Koär. und späteren Katastral-Oberinsp. über Ostgalizien und die Bukowina Johann V. (gest. 1866) und dessen Frau Maria Veronika V., geb. Maurer (gest. St. Pölten, NÖ, 16. 2. 1890); ledig. – Über V.s Jugendjahre findet sich wenig Gesichertes. Bedingt durch den mehrfachen Wohnsitzwechsel der Eltern wuchs er offenbar in verschiedenen Städten Galiziens und Böhmens auf. Nach der Matura in Lemberg ging V. zum Zirkus, wo er – tw. in Mädchenverkleidung – als Seiltänzer und Kunstreiter auftrat. Um diesen Lebensabschnitt V.s ranken sich zahlreiche Geschichten und Anekdoten, wobei er zu dieser Mythenbildung z. Tl. selbst beitrug. Um 1859 verließ er den Zirkus und trat eine Zeit lang als Schauspieler auf, offenbar auch am Wr. Burgtheater. Die Schriftstellerlaufbahn begann V. mit den „Mysterien des Welt- und Bühnen-Lebens“ (2 Tle., 1861–62). Wie schon sein Erstling sind viele seiner meist in einem leichten Tonfall geschriebenen und in der Erzählweise verspielten Werke in der Theater- und Zirkuswelt angesiedelt, wobei er wiederholt Autobiograph. einfließen lässt („Moderne Vagabunden“, 2 Bde., 1861–62; „Theater-Plaudereien“, 1862; „Komödianten“, 1889). Gem. mit Ada v. Pinelli (Ps. Günther v. Freiberg) verf. er den Roman „König Phantastus“ (1866) über Kg. Ludwig II. v. Bayern. V. schrieb auch für zahlreiche Z., schuf Bühnenstücke und übers. aus dem Engl., Französ., Italien., Tschech. und Poln. In der anonym publ. umfangreichen Abh. „Die Gottes-Mörder“ (1871) setzte er sich als gläubiger Katholik krit. mit der Kirche auseinander. Die Pikanterie mancher der von ihm behandelten Stoffe (unkonventionelle Liebesaffären, Spiel mit Geschlechterrollen und -identitäten, homoerot. Anklänge etc.) sowie Mutmaßungen über seine bewegte Vergangenheit trugen zum Image V.s als oberflächl. Sensationsautor bei. V., der in seinen ersten Jahren als Schriftsteller ein unstetes Wanderleben führte und von Zeitgenossen tw. als zerrissen und widersprüchl. charakterisiert wurde, pflegte Freundschaften zu zahlreichen Künstlern, Literaten und Verlegern, z. B. →Friederike Gossmann, →Gustav Heckenast, →Karel Klíč, →Adolf Kosárek, →Peter Ros(s)egger oder →Matěj Šimáček, wovon auch umfangreiche Korrespondenzen im Nachlass zeugen. In bes. enger Beziehung stand er ab ca. 1867 zu →Emerich Reichsgf. Stadion-Thannhausen, dem Koautor seiner Werke „Dornen“ (1869) sowie „Asta’s Lieder“ (1882). Im Laufe der 1880er-Jahre distanzierte sich V. allerdings zusehends von Stadion-Thannhausen. Nach dem Tod der Mutter, mit der er ab ca. 1866 in St. Pölten zusammengelebt hatte, zog er zu dem befreundeten Maler Karl Plock nach Karlsruhe, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte. Teilnachlässe V.s befinden sich u. a. in der Wienbibl. im Rathaus, in der Stmk. Landesbibl. in Graz, der Badischen Landesbibl. in Karlsruhe sowie in der Univ.bibl. J. C. Senckenberg in Frankfurt am Main.

Weitere W.: s. Goedeke; Wurzbach.
L.: ADB; Goedeke (m. W.); Wurzbach (m. W.); M. Wieninger, St. Pöltner Straßennamen erzählen, 2002, S. 375; A. Veselá, E. M. V. – ein Schriftsteller zwischen zwei Welten, Bakkalaureatsarbeit Brno, 2010; Mann für Mann 2, ed. B.-U. Hergemöller, 2010; W. Setz, E. V., 2014 (m. B.); Diözesanarchiv St. Pölten, NÖ; Zemský archiv v Opavě, Opava, CZ.
(H. Bergmann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 67, 2016), S. 140f.
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