Vávra, Karel (Carl) (1884–1931), Schauspieler und Regisseur

Vávra Karel (Carl), Schauspieler und Regisseur. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 16. 5. 1884; gest. ebd., 11. 4. 1931. Aus einer vermögenden Prager Müllerfamilie stammend, in der die Neigung und die Begabung für das Theater über mehrere Generationen ausgeprägt waren; verwandt mit den Sängern Antonín V. (1847–1932) und →Jan Hilbert V. (s. u. Jan V.) sowie den Schauspielern Václav V. (1854–1922) und →Jan V. – V. besuchte sechs Jahre lang die Realschule, dann bis 1901 die Vorschule der Prager ABK und stud. dort 1902–04. Danach wechselte er an die Reichersche Hochschule für dramat. Kunst in Berlin, wo er sich die Prinzipien des Naturalismus Otto Brahms und des psycholog. Realismus →Max Reinhardts aneignete. Es folgten kurze Engagements in Landshut, Posen (1910), Hannover (1911) und Amsterdam (1913). 1914 wurde V. an das Hebbel-Theater in Berlin engag., das vom dt.böhm. Theaterdir. und Schauspieler Carl Meinhardt und dem aus Wien stammenden Librettisten, Theaterdir. und Drehbuchautor Rudolf Bernauer zusammen mit dem Theater in der Königgrätzer Straße betrieben wurde. V. spielte vorwiegend Charaktere aus Stücken moderner Autoren (Ibsen, Strindberg), die er oft in direkter Zusammenarbeit mit den Dramatikern gestaltete, insbes. mit Frank Wedekind. Nach dem 1. Weltkrieg kehrte er nach Prag zurück, wo er am Vinohradské divadlo 1919 als Schauspieler und Regisseur engag. wurde. Bis 1931 führte er in 16 Inszenierungen Regie. Als Schauspieler stud. er mit Karel Hugo Hilar und →Jaroslav Kvapil ein vielseitiges klass. Repertoire (Shakespeare) ebenso ein wie Dramatisierungen russ. Romane (er verkörperte u. a. Karenin in Tolstojs „Anna Karenina“ oder Porfirij Petrovič in Dostoevskijs „Schuld und Sühne“) und neue tschech. Literatur (→Karel Čapek, Fráňa Šrámek, František Langer, František Zavřel etc.). Seine Spielweise, die er sich seit jungen Jahren mit Disziplin und Fleiß erarbeitet hatte, basierte mehr auf nuancierter Sprache als auf Mimik. Čapek charakterisierte ihn als ersten tschech. Schauspieler des nicht-romant. Stils. V. versuchte sich darüber hinaus in Stummfilmen (erhaltene Kopien: „Magdalena“, 1920, „Za oponou smrti“, 1923) und unternahm 1926 mit der Schauspielerin Leopolda Dostalová den Versuch, im Prager tschech. Rundfunk ein Fragment aus „Macbeth“ zu inszenieren.

L.: Národní listy, 12. 4. 1931; J. Bor, in: Nové české divadlo 1928–29, 1929, S. 81ff.; (O. Štorch-Marien), in: Rozpravy Aventina 6, 1930–31, S. 361f. (m. B.); J. Bor, In memoriam K. V., 1931; K. H. Hilar, in: Nové české divadlo 1930–32, 1932, S. 64 (B.), 90ff.; J. Fučík, Divadelní kritiky, 1956, s. Reg.; K. Čapek, Divadelníkem proti své vůli, 1968; Dějiny českého divadla 4, 1983, s. Reg.; O. Scheinpflugová, Byla jsem na světě, 1988, S. 87, 120ff.; Website Česko-Slovenská filmová databáze (Zugriff 15. 7. 2015, m. B.); Osobnosti.cz (Zugriff 28. 11. 2016).
(J. Ludvová)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 198
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