Veigel, Eva Maria; verheiratete Garrick, Künstlername Violette (1724–1822), Tänzerin

Veigel Eva Maria, verheiratete Garrick, Künstlername Violette, Tänzerin. Geb. Wien, 29. 2. 1724 (Taufdatum); gest. London (GB), 16. 10. 1822; röm.-kath. Tochter des Johann V. (Veigl, Faigel) (geb. Obergünzburg, Bistum Augsburg/D) und seiner Frau Eva Maria Rosina, geb. Artner (geb. Hausleiten, NÖ, 14. 2. 1689), Schwester des Tänzers Ferdinand Karl V. (geb. Wien, 27. 4. 1720; gest. ebd., 20. 3. 1789); ab 1749 mit dem engl. Schauspieler David Garrick verheiratet. – V.s Jugend und Ausbildung ist nur durch Anekdoten bekannt. Sie soll bei Franz Hilverding und Joseph Carl Selliers stud. haben und bereits ab 1734 am Kärntnertortheater aufgetreten sein, was bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Für die behauptete Nahbeziehung V.s zur Wr. Hocharistokratie (gem. Tanzveranstaltungen mit den jungen Erzhgn. und Erzhg., Förderung durch den Prinzen Eugen, eventuell eine intime Bekanntschaft mit Franz Stephan) sprechen immerhin einige Indizien: So wurde ihr Vater 1720 als Kammerlakai der Gf. v. Bar aktenkundig, Anfang 1746 stellte ihr der brit. Gesandte sogar auf dringendes Bitten des Wr. Hofs einen Reisepass aus. Ziel dieser Reise, die sie in Männerkleidern zusammen mit Francesco Borosini, ihrem Bruder und vermutl. ihrem Vater antrat, war das King’s Theatre in London, als dessen 1. Solotänzerin sie unter dem Namen Violette (wohl in Anlehnung an die Bedeutung ihres Familiennamens im Wr. Dialekt) im März 1746 in Glucks „Artamene“ debüt. Sowohl ihre Eleganz und tänzer. Perfektion als auch ihre Schönheit, Bildung und die unübertroffene Angemessenheit ihrer Umgangsformen machten sie binnen Kurzem zum Liebling des Publikums und zum gern gesehenen Gast der Aristokratie. Intrigen veranlassten V. zusammen mit dem ihr vermutl. schon aus Wien bekannten Choreographen und Tänzer Giuseppe Salomoni erst nach Beginn der Herbstsaison an das Drury Lane Theatre zu wechseln, wo sie Ende 1746 auf ausdrückl. Wunsch des Königs in „The Refusal or The Ladies Philosophy“ debüt. In den folgenden zwei Monaten trat V. an 30 Abenden in mindestens sieben verschiedenen Choreographien Salomonis auf, für die auch neue Kostüme und Bühnenbilder angefertigt wurden. Bes. erfolgreich waren dabei kom. Ensemble-Pantomimen in der Art Hilverdings wie „The Laundress’s Visiting Day“, in denen V. das Publikum zu regelrechten Lachsalven hingerissen haben soll, ohne gegen Anstand und guten Geschmack zu verstoßen. Zu ihren bes. Gönnern zählten zu diesem Zeitpunkt Lady und Lord Burlington, auf deren Kosten William Kent und George Vertue die Eintrittskarten zu ihrem Benefizabend im Februar 1747 entwarfen. Was zu dem unangekündigten Rückzug von der Bühne nach einer Vorstellung Ende jenes Monats führte, ist unklar. Es ist jedoch anzunehmen, dass ein Zusammenhang mit dem nur wenige Tage zuvor erfolgten Einstieg David Garricks, des bedeutendsten engl. Schauspielers der Zeit, als Co-Dir. des Theaters bestand. V. lebte und arbeitete von da an als Gesellschafterin Charlotte Boyles, der Tochter Lady und Lord Burlingtons, in Burlington House, bis sie Garrick heiratete und mit ihm in London, ab 1754 auch in der sog. Garrick’s Villa in Richmond und ab ca. 1772 in ihrem neuen Londoner Haus in Adelphi Terrace lebte. Sie war dort eine perfekte Gastgeberin, intelligente Gesprächspartnerin und glückl. Ehefrau, die sich allem Anschein nach gerne im Hintergrund hielt. William Hogarth zeigte sie im bekannten Doppelporträt mit ihrem Mann nicht zufällig als stille, aber fröhl. und einflussreiche Muse. Gesundheitl. Probleme V.s veranlassten das Ehepaar 1763/64 zu einer ausgedehnten Reise durch Italien und Frankreich. Nach Garricks Tod 1779 verließ V. ihre Häuser nur mehr selten, meist um das Theater zu besuchen, jedoch empfing sie zahlreiche Gäste, u. a. Familienmitgl. aus Wien, die sie auch als Haupterben ihres stattl. Vermögens einsetzte.

L. (teils unter Garrick): Wurzbach; W. Steedman, in: Theatre Research International 4, 1979, H. 2, S. 94ff.; J. Milhous, in: Dance Research. The Journal of the Society for Dance Research 2, 1984, Nr. 2, S. 41ff.; O. Baldwin u. a., in: Music in Art 36, 2011, Nr. 1/2, S. 53ff.; Dompfarre St. Stephan, Wien; Pfarre Hausleiten, NÖ.
(Ch. Pollerus)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 211
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>