Versluys, Jan (1873–1939), Zoologe und Morphologe

Versluys Jan, Zoologe und Morphologe. Geb. Groningen (NL), 1. 9. 1873; gest. Wien, 22. 1. 1939; evang. HB. Sohn des Mathematiklehrers und Fachbuchautors Jan V. (1845–1920) und der Maria Catharina V., geb. Offers; ab 1903 verheiratet mit Maria V., geb. Hülsmann. – V. besuchte die Hoogere Burgerschool in Amsterdam, die er 1891 abschloss. 1891–96 stud. er dort Botanik und Zool., u. a. bei Hugo de Vries und Max Weber. Im Jahr seiner Lehramtsprüfung 1895 unternahm V. eine zoolog. Sammelreise auf die Westind. Inseln, an die Küsten Kolumbiens und Venezuelas; 1898 Dr. phil. in Gießen. 1899 nahm V. an der Siboga-Expedition nach Niederländ.-Indien (Indonesien) unter der Leitung von Weber teil. Die während der Expedition gesammelten Korallen wurden von V. untersucht und die Ergebnisse i. d. F. publ. 1901 habil. sich V. für Zool. an der Univ. Amsterdam und lehrte bis 1906 über das System der Wirbellosen und Einzeller. 1907 erhielt er als Priv.Doz. eine Ass.stelle an der Univ. Gießen und reiste im selben Jahr in die USA, um fossile Reptilien in diversen Mus. zu untersuchen. 1911 ao. Prof. Während des 1. Weltkriegs war V. vorerst als Kriegshygieniker an der Univ. Gießen tätig, 1915 meldete er sich freiwillig als Angehöriger des Landsturms zur Dt. Armee, obwohl er niederländ. Staatsbürger war. 1916 wurde er zur Pressestelle des 29. Armeekorps versetzt. Während der Besetzung Belgiens durch die Dt. Armee fungierte V. als o. Prof. der Zool. und vergleichenden Anatomie an der Univ. Gent. Im Oktober 1918 kehrte er nach Gießen zurück. 1919–25 arbeitete V. als Privatgelehrter in Hilversum. 1925 nahm er als Nachfolger →Karl Grobbens einen Ruf als o. Prof. für Zool. und als Vorstand des 2. zoolog. Inst. an die Univ. Wien an. Nach dem Ausscheiden →Othenio Abels 1934 wurde V. interimist. Vorstand des paläontolog. Inst., unterstützt von Kurt Ehrenberg. Seine Wahl zum Dekan der phil. Fak. 1935 wurde von der damaligen Regierung aufgrund seiner dt.nationalen Gesinnung nicht bestätigt. V. befasste sich in erster Linie mit vergleichender Anatomie und Morphol. der Wirbeltiere, wobei sein bes. Interesse phylogenet. Zusammenhängen galt. Auf paläontolog. Gebiet veröff. er Stud. u. a. zur Bedeutung der fossilen Reptilien für die Beurteilung der lebenden. V. verf. grundlegende Arbeiten über das Ohr der Reptilien, untersuchte die Schädelkinetik der Wirbeltiere und stellte das Skelett- sowie das Muskelsystem im Lehrbuch der „Vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere“ (1927, gem. mit Johann Ihle u. a.) dar. Zu seinen weiteren Forschungsgebieten in Zusammenarbeit mit dem Zoologen Reinhard Demoll zählte die Abstammung und Einordnung des Pfeilschwanzkrebses (Limulus). V. war überzeugter Feldbiologe und regte auch seine Studenten und Ass. zur Sammeltätigkeit an. 1907 erhielt er von der Société Zoologique de France den Prix de Guérne. 1923 wurde er zum Mitgl. der Koninklijke Nederlandse Akad. van Wetenschappen, 1927 zum k. M. der Akad. der Wiss. in Wien ernannt. 1928 Präs. der Zoolog.-Botan. Ges. in Wien, 1929 Präs. der Dt. Zoolog. Ges., wurde er im selben Jahr auch Mitgl. der Zoological Society of London.

Weitere W.: s. Schnarf.
L.: WZ, 26. 1. 1939 (Parte); Almanach 89, 1940, S. 206ff.; O. Abel, in: Paläontolog. Z. 21, 1939, S. 241ff.; W. v. Marinelli, in: Palaeobiologica 7, 1939, S. 95ff.; J. F. van Bemmelen, in: Jaarboek Koninklijke Nederlandse Akad. van Wetenschappen 1938–39, 1939, S. 228ff. (m. B.); K. Schnarf, in: Verhh. der zoolog.-botan. Ges. in Wien 88/89, 1941, S. 1ff. (m. B. u. W.); H. Zapfe, Index Palaeontologicorum Austriae (= Cat. Fossilium Austriae 15), 1971; H. Hofer, in: Gegenbaurs morpholog. Jb. 123, 1977, S. 387ff.; UA, Wien.
(V. Stagl)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 242f.
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