Vesque von Püttlingen, Johann d. J. Frh.; Ps. Johann Hoven, J. Hoven (1803–1883), Jurist, Beamter, Diplomat und Komponist

Vesque von Püttlingen Johann d. J. Frh., Ps. Johann Hoven, J. Hoven, Jurist, Beamter, Diplomat und Komponist. Geb. Opole, Galizien (Opole Lubelskie, PL), 23. 7. 1803; gest. Wien, 29. 10. 1883; röm.-kath. Sohn von →Johann V. v. P. d. Ä. und Theresia Leenheer v. Sleews (geb. 18. 3. 1770; gest. Wien, 20. 8. 1829), Bruder des Malers Karl V. v. P. (geb. Wien, 4. 4. 1805; gest. ebd., 19. 3. 1887), Vater von Alexander Frh. V. v. P. (s. u.) und Irma Freiin V. v. P., Ehrendame des adeligen Damenstifts Maria Schul in Brünn (geb. Wien, 30. 12. 1847; gest. ebd., 25. 2. 1906); ab 1832 mit Anna Maria Márkus zu Eör (geb. 31. 3. 1814; gest. Wien, 24. 8. 1893), der Tochter eines reichen ung. Juristen, verheiratet. – V. übersiedelte mit seiner Familie 1804 nach Wien, wo er das Löwenburg’sche Konvikt und das Schottengymn. besuchte. Danach stud. er Jus und Cameralia und prom. 1827 sub auspiciis Imperatoris. Im selben Jahr trat er als Auscultant beim nö. Landrecht in den Staatsdienst. Neben seiner Tätigkeit beim nö. Appellationsgericht wurde V. auch in die geheime Haus-, Hof- und Staatskanzlei berufen. Es folgte 1837 seine Ernennung zum Landrat für Sbg., 1838 zum w. Staatskanzleirat und 1847 zum HR sowie zum geheimen Staatsoffizial. Mit diplomat. Aufträgen reiste V. 1835 nach Paris, 1840 nach Turin, wo er an der Schaffung des ersten Staatsvertrags zum Schutz geistigen Eigentums beteiligt war, und 1843 nach München. Er wurde Präs. der von ihm geschaffenen diplomat. Staatsprüfungen an der Oriental. Akad. 1863–64 wirkte V. in Frankfurt am Main an der Ausarbeitung eines Gesetzes zum Schutz der Autorenrechte mit (die langjährige Beschäftigung mit dieser Thematik fand 1864 ihren Niederschlag in seinem Buch „Das musikalische Autorrecht“). 1869–70 reiste er als österr.-ung. Abg. nach Kairo zur internationalen Komm. zur Wiederherstellung der Rechtspflege in Ägypten. 1872 trat V. als Sektionschef i. d. R. Er verf. wesentl. jurist. Werke. Neben seiner diplomat. Karriere wurde V. auch als Komponist über die Grenzen Österr. hinaus berühmt und gilt als einer der bedeutendsten Liedschöpfer seiner Zeit. Er schrieb unter dem Ps. Johann Hoven, mit dem er Bezug auf einen Gutsbesitz seiner Vorfahren in Luxemburg nahm. Schon als Kind hatte er Klavierunterricht bei →Maximilian Joseph Leidesdorf, ab 1816 bei →Ignaz Moscheles und später bei Jan Hugo Worzischek erhalten. 1821 trat er in das KdM ein, wo er die Fächer Klavier und Chorgesang belegte. 1828 stud. er Komposition bei →Heinrich Eduard Josef v. Lannoy und ab 1833 bei →Simon Sechter. Über →Franz Schubert lernte er →Johann Nepomuk Vogl kennen, bei Giuseppe Ciccimarra nahm er Gesangsstunden. V. stand in Brief- und persönl. Kontakt mit den berühmtesten Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit, darunter Robert Schumann und Clara Schumann, Hector Berlioz, →Franz v. Liszt, Carl Loewe, Giacomo Meyerbeer, Felix Mendelssohn Bartholdy, Otto Nicolai und →Franz Grillparzer. Mit seiner schönen Tenorstimme war er bei seinen berühmten Hauskonzerten meist Interpret seiner eigenen Lieder. Zu seinen Gästen gehörten u. a. →Alexander Baumann, →Joseph Fischhof und →Alfred Julius Becher. 1851 erschien V.s Liederzyklus „Heimkehr“, der mit 88 Vertonungen von Ged. Heinrich Heines der größte der Musikgeschichte ist. Insgesamt schrieb er an die 300 Lieder, zwei Messen sowie Klavier- und Kammermusikwerke. 1838 wurde seine Oper „Turandot“ am Kärntnertortheater uraufgef. und auch in Berlin und an anderen dt. Bühnen mit großem Erfolg gespielt. Seine zweite Oper „Johanna d’Arc“ (Urauff. Wien 1840) wurde später auch in Dresden gegeben. V. verf. noch weitere sieben Opern und zwei Operetten. Nach 1848 reorganisierte er die Ges. der Musikfreunde in Wien und deren Konservatorium, wofür er 1880 zu deren Ehrenmitgl. ernannt wurde. V. war darüber hinaus Jurymitgl. bei der Wr. Weltausst. 1873. Er wurde 1866 in den Frh.stand erhoben, 1876 zum HH-Mitgl. auf Lebenszeit ernannt und erhielt zahlreiche in- und ausländ. Ausz. wie das ung. Indigenat, die große Goldene Medaille für Kunst und Wiss., das Ritterkreuz des Leopold- (1860) und des St. Stephans-Ordens (1866) sowie die Geheime Ratswürde (1879). V. wurde u. a. von →Josef Kriehuber und →Eduard Kaiser porträtiert. Sein Sohn, der Beamte und Diplomat Alexander Frh. V. v. P. (geb. Wien, 13. 10. 1834; gest. ebd., 26. 6. 1913), war mit Berthe, geb. Aubé de la Hault, verheiratet. Nach einem vierjährigen jurid.-polit. Stud. begann er 1857 seine Beamtenlaufbahn in der Finanzlandesdion. in Wien als Amtspraktikant und wechselte 1861 als Zahlamts-Offizial in den auswärtigen Dienst. 1863 wurde er zum Min.-Offizial, danach zum Hof- und Min.konz. befördert. Nach seiner Staatsprüfung in Staatsverfassungswiss. wurde er 1869 als allg. Kanzleisekr. in die Botschaft nach Paris entsandt, nach 1881 war er im Min. des Äußern tätig, wo er als Hilfsämter-Dion.-Adjunkt bis Oktober 1886 wirkte. Danach kam er als Kanzleisekr. an die Botschaft in London und wurde dort 1888 zum Kanzleirat befördert. Im Februar 1888 wieder an die Botschaft in Paris versetzt, trat er Ende 1904 i. d. R. Er war Ritter des Franz Joseph-Ordens (1870), des Ordens der Eisernen Krone III. Kl. (1904), Officier de la Légion d’honneur, Officier des Medjidie-Ordens und Besitzer des Genfer Konventionskreuzes.

Weitere W.: s. MGG; Wurzbach; J. V. v. P. (J. Hoven); Schultz. – Teilnachlässe: HHStA, Wienbibl. im Rathaus, beide Wien.
L.: Neues Wr. Journal, 29. 10. 1933; WZ, 29. 10. 1953; MGG I, II (m. W.); Wurzbach (m. W.); J. V. v. P. (J. Hoven). Eine Lebensskizze aus Briefen und Tagebuchbll. ..., 1887 (m. B. u. W.); E. Hanslick, Musikal. Skizzenbuch, 3. Aufl. 1888, S. 196ff.; H. Schultz, J. V. v. P., 1930 (m. W.); H. Ibl, Stud. zu J. V. v. P.’s Leben und Opernschaffen, phil. Diss. Wien, 1949; E. W. Partsch, in: Penzinger Mus.bll. 50, 1987, S. 1ff. (m. B.); G. Metzner, Heine in der Musik 4, 1989, S. 424ff.; R. Federhofer-Königs, in: Neues Musikwiss. Jb. 9, 2000, S. 111ff.; HHStA, Wien.
(R. Müller)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 251f.
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