Vetter von der Lilie, Moritz Gf. (1856–1945), Politiker, Gutsbesitzer und Mediziner

Vetter von der Lilie Moritz Gf., Politiker, Gutsbesitzer und Mediziner. Geb. Troppau, Schlesien (Opava, CZ), 22. 8. 1856; gest. Retz (NÖ), 20. 9. 1945; röm.-kath. Sohn von →Felix Gf. V. v. d. L., Bruder der mit dem Enkel Joseph Frh. v. Eichendorffs, dem preuß. Off., GM und Gen.lt. Hartwig Frh. v. Eichendorff, verheirateten Ida Gfn. V. v. d. L. (geb. Neuhübel, Mähren / Nová Horka, CZ, 13. 1. 1863; gest. Dresden, Dt. Reich/D, 13. 2. 1945), Vater des Legationssekr. und Res.off. Dr. iur. Franz Gf. V. v. d. L. (geb. Neuhübel, 8. 9. 1885; gest. Wien, 22. 9. 1958), des Bez.richters in Poysdorf Dr. iur. Karl Gf. V. v. d. L. (geb. Neuhübel, 14. 8. 1908; gest. Stalingrad, UdSSR / Volgograd, RUS, 31. 1. 1943, gefallen) sowie von Eleonore Gfn. V. v. d. L. (geb. Mühlbach, NÖ, 11. 6. 1910; gest. Nettlebed, GB, 12. 5. 1996), die ab 1947 mit dem brit. Off. und Psychoanalytiker Claud Dangar Daly verheiratet war; ab 1884 in 1. Ehe verheiratet mit Karoline Gfn. Wimpffen (geb. Hetzendorf, NÖ / Wien, 8. 9. 1861; gest. Bräuhof, Stmk., 21. 8. 1902), ab 1907 in 2. Ehe mit Maria Theresia Gfn. Gudenus (geb. Wien, 5. 3. 1875; gest. Neuhübel, 13. 9. 1940). – V. absolv. ein Rechtsstud. in Wien (1875–78) und Prag sowie in späteren Jahren ein Med.stud. in Wien (1897–1901, Prom. 1907). Nach der Ausbildung zum Res.off. als Einjährig-Freiwilliger (1876 Lt., 1883 Oblt., 1890 Rtm., 1908 Mjr.) begann V. 1879 seine Karriere im Verwaltungsdienst als Konzeptspraktikant bei der Statthalterei in Prag. Nach Stationen an den Bez.hptm.schaften in Schüttenhofen, Teplitz, Ung. Hradisch und Göding (1885 Bez.koär.) wurde er 1887 dem Innenmin. zugeteilt und 1888 zum Min.-Vizesekr. befördert. Im Jahr darauf übernahm er die Leitung der Bez.hptm.schaft Boskowitz und wurde 1890 der Statthalterei in Brünn zugeteilt. 1899 schied er aus dem öff. Dienst aus und widmete sich der Verwaltung seiner Güter Sedlnitz und Trnawka im mähr. Kuhländchen. Nach dem Tod des Vaters war er auch Besitzer der mähr. Familiengüter Neuhübel, Sikoretz und Kattendorf sowie des untersteir. Familienfideikommisses Tüffer. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die nach den Landreformen verbliebenen Tle. der Güter in der Tschechoslowakei sowie die Besitzungen in Jugoslawien enteignet. Neben führenden Funktionen in landwirtschaftl. und humanitären Ver. und Genossenschaften sowie der Tätigkeit in mehreren Gmd.räten des Kuhländchens war V. als Vertreter der Mittelpartei des mähr. Großgrundbesitzes 1900–18 Mitgl. des LT und 1897–1907 des AH des RR. Im Februar 1901 wurde er als fraktionsloser Kompromisskandidat zum Präs. des AH gewählt und im Februar 1905 nach einem kurzfristigen Rücktritt (nachdem seine Entscheidung, einem Redner das Wort zu entziehen, vom Haus abgelehnt wurde) wiedergewählt. Bei den Neuwahlen 1907 kandidierte er nicht mehr. Zwar wurde er mehrfach als mögl. Nachfolger seines Vaters als LHptm. genannt, nahm aber an den Arbeiten des mähr. LT erst nach dem Ausscheiden aus dem AH intensiver teil (1910–14 Obmann-Stellv. des Petitionsausschusses). Nach dem Tod des Vaters trat er 1914 als erbl. Mitgl. in das HH ein, wo er sich ebenfalls der Mittelpartei anschloss, aber nicht aktiv war. Im 1. Weltkrieg wirkte V. als Militärarzt (1908 Stabs-, 1914 Oberstabsarzt in der Evidenz der Landwehr), u. a. von Oktober 1914 bis Jänner 1915 als Kmdt. des Res.spitals Nr. 9 in Wien. 1920 wurde er als Oberstabsarzt der Res. in die tschechoslowak. Armee übernommen. Außerdem war er nach 1907 im Gesundheits- und Rettungswesen aktiv (1909 Mitgl. der Hilfsexpedition der Wr. freiwilligen Rettungsges. nach dem Erdbeben in Sizilien, 1909 Mitgl. des Ausschusses des nö. Landesver. und bis 1915 Ersatzmitgl. des Bundesausschusses des Österr. Roten Kreuzes, 1911–18 Vizepräs. des Kuratoriums der Allg. Poliklinik in Wien, 1913 Vors. des internationalen Kongresses für Rettungswesen und Unfallverhütung in Wien). Nachdem V. bis zu seiner Wahl zum Parlamentspräs. kurz Mitgl. des Verw.R. der österr.-ung. Staats-Eisenbahn-Ges. gewesen war, wurde er nach 1907 in die Führungsgremien mehrerer Unternehmen bestellt. Auch war er ab der Gründung 1903 Präs. des Ver. zur naturwiss. Erforschung der Adria. Nach dem Weltkrieg saß V. 1920–25 im tschechoslowak. Senat und war Obmann-Stellv. des Parlamentsklubs der dt. christl.sozialen Volkspartei sowie von Dezember 1920 bis März 1921 Obmann des Dt. parlamentar. Verbands; 1881 Kämmerer, 1902 Geh. Rat, 1907 Großkreuz des Franz Joseph-Ordens.

W.: Zur Kasuistik der Luxationen, in: WKW 22, 1909.
L.: Adlgasser; Heller 1; J. Hudeček u. a., in: Sborník Státního okresního archivu v Přerově, 2003, S. 29ff.; J. Malíř u. a., Biografický slovník poslanců moravského zemského sněmu v letech 1861–1918, 2012 (m. B.); KA, UA, beide Wien.
(F. Adlgasser)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 261f.
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