Vilímek, Josef Richard d. J. (1860–1938), Verleger und Drucker

Vilímek Josef Richard d. J., Verleger und Drucker. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 14. 10. 1860; gest. ebd., 6. 11. 1938. Sohn von →Josef Richard V. d. Ä., Schwiegervater des Verlegers Jan Sainer (1900–1973), des 2. Ehemanns seiner Tochter Věra (geb. Prag, 9. 6. 1898; gest. ebd., 11. 5. 1973); verheiratet mit Marie, geb. Bečvářová (geb. Budohostitz, Böhmen / Chržín-Budihostice, CZ, 17. 1. 1867; gest. Prag, vermutl. 1942). – V. erlernte im Betrieb seines Vaters den Druckerberuf, unternahm Reisen nach Dtld. und Frankreich und leitete ab 1884 die Buchdruckerei. 1886 erwarb er die Fa. gem. mit seiner Frau, die dort später Prokuristin wurde, kurz danach entfaltete er seine verleger. Tätigkeit. 1891 beteiligte sich V. an der Böhm. Landesausst. und unternahm eine Werbereise mittels Heißluftballon, über die er das Buch „Z Prahy k Baltickému moři v balonu“ (1891) veröff. Als die Druckerei 1899 ausbrannte, verzichtete V. auf ihre Renovierung und gründete zusammen mit →Jan Otto, mit dem er einige Projekte verwirklichte, mit den Söhnen von →František Šimáček sowie dem Inhaber eines reprograph. Betriebs Jan Vilím die Druckerei der Česká grafická unie. Um die Jh.wende wurde V. – auch mithilfe seines Beraters →Antonín Rezek – zu einem der führenden Verleger in den böhm. Ländern. Schon 1894 entstand die bis 1918 tätige Wr. Filiale. V. engagierte sich im fachl. Ver.wesen. So war er 1907–18 Leiter des Spolek českých knihkupců a nakladatelů und setzte sich für die Hrsg. von dessen Presseorgan „Literární rozhledy“ ein. 1903 wurde der ehemalige Verleger Jaroslav Bursík sein Ges. Im Betrieb V.s waren auch spätere Verleger und Buchhändler wie Bedřich Kočí, Arnošt Píša, Pavel Prokop und František Švejda tätig. V. eröffnete in Prag 1903 eine neue repräsentative Buchhandlung, 1930 ließ er einen Neubau in Prag-Neustadt errichten. Ihre bedeutende Stellung auf dem Buchmarkt hatte die Fa. jedoch nach 1918 verloren. 1933 wurde der Verlag in eine KG umgewandelt. Als Geschäftsführer fungierte ab November 1935 V.s Schwiegersohn. Im Vordergrund des breiten Verlagsspektrums stand die tschech. Belletristik (gesammelte Werke von →Jan Klecanda d. Ä., →Karl Klostermann, →František Xav. Svoboda), es erschienen aber auch vereinzelt Titel neuerer tschech. Autorinnen und Autoren (etwa Jaroslav Havlíček, Jiří Mahen, →Teréza Nováková, Ivan Olbracht, Antal Stašek, →Růžena Svobodová). Ein weiteres wichtiges Segment waren populär ausgerichtete Übers. (u. a. Bunin, Balzac, James Fenimore Cooper, Arthur Conan Doyle, Dumas, Maupassant, Sienkiewicz, Tschechow, Lewis Wallace, Zola) in Reihen wie „Slavní autoři literatur světových“, „Vilímkova knihovna“ und „Vilímkovy ilustrované romány“. Die tschech. Leserschaft machte V. jedoch v. a. mit dem umfangreichen Werk von Karl May (erschienen 1888–1922) und Jules Verne (ca. 900.000 Exemplare, 1888–1949) bekannt. Einige Versuche, anspruchsvollere Titel wie Ged. und ältere Literatur herauszubringen, unternahm für kurze Zeit Bedřich Fučík, der ehemalige Dir. des Verlagshauses Melantrich, der nach V.s Tod 1939–43 im Unternehmen wirkte. Verstärktes Augenmerk legte man allmähl. auch auf Kinder- und Jugendliteratur in den Reihen „Knihovna Malého čtenáře“, „Knihovna mládeže dospívající“, „Dívčím srdcím“, „Z knihy do srdéčka“ oder der Z. „Malý čtenář“. Ferner erschienen Künstlermemoiren und Literatur für Frauen. Ein wesentl. Tl. der Produktion waren zudem Landkarten, Stadtpläne, Reiseführer, Fahrpläne und Reiseberr. (einschließl. der Bildbde. „Letem světem“, 1895 oder 1896, und „Letem českým světem“, 1898). Seit 1941 war dem Verlag auch eine Galerie angeschlossen (Galerie Jos. R. Vilímek, später Vilímkova galerie, ab 1949 unter verschiedenen Namen). Nach dem 2. Weltkrieg war die Verlagstätigkeit wegen des limitierten Papierkontingents eingeschränkt, 1948–49 stand das Unternehmen unter „nationaler Verwaltung“, dann wurde es liquidiert. Die tw. umgebauten Räume dienten nun der zentralen Buchdistribution (Knižní velkoobchod).

Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Lidové noviny, 7., Národní listy, Národní politika, Prager Presse, Pražské noviny, 8. 11. 1938; LČL; F. Sekanina, J. R. V., 1935 (m. B.); J. R. V., ed. K. Sezima, 1937; Časopis československých knihovníků 17, 1938, S. 111ff.; L. K. Žižka, in: Československý knihkupec 45, 1938, S. 111ff.; J. Gotthard, ebd., S. 289ff.; Světozor 38, 1938, S. 764 (m. B.); A. Wenig, in: Úhor, 1938, S. 189f.; A. Zach, Stopami pražských nakladatelských domů, 1996, S. 29ff.; V. Horák, J. Verne v nakladatelství J. R. V., 2005; J. Moravec, Pražský případ doktora Maye, 2006, passim; Šest feniků za exemplář? Ne, nemožné – Sechs Pfennige pro Exemplar? Nein! Unmöglich. Karl May – J. R. V., ed. J. Koten – T. Pavlíček, 2013.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 282f.
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