Vinkler (Winkler), František (Franz); Ps. Vlastimil Venkryl, Vlastimil (1839–1899), Publizist, Politiker und Übersetzer

Vinkler (Winkler) František (Franz), Ps. Vlastimil Venkryl, Vlastimil, Publizist, Politiker und Übersetzer. Geb. Bilowitz, Mähren (Bílovice-Lutotín, CZ), 18. 1. 1839; gest. Pilsen, Böhmen (Plzeň, CZ), 6. 7. 1899; röm.-kath. Ältester Sohn eines früh verstorbenen Bauern. – Nach der Matura am Olmützer Gymn. (1857) sollte V. Theol. stud., weigerte sich jedoch und besuchte stattdessen sprachwiss. und jurist. Vorlesungen in Wien (1860–61). Unter dem Einfluss von Rudolf Prinz v. Thurn u. Taxis (später →Rudolf Frh. v. Troskow) widmete sich V. der journalist. Tätigkeit (so war er Mitarb. der von →Václav Štulc hrsg. antizentralist. Z. „Pozor“) und unterrichtete an der ersten privaten Mädchenschule in Prag. In dieser Zeit veröff. er auch Ged. mit patriot. Thematik und übers. daneben mehrere Theaterstücke aus dem Dt. (Roderich Benedix, Karl August Görner, Gustav v. Moser) und dem Französ. (Adrien Decourcelle, Lambert-Thiboust); einige davon wurden am tschech. Interimstheater gespielt. 1863 gab er seine eigene oppositionelle Ztg. „Pravda“ mit kulturellen und polit. Beitrr. heraus, die jedoch noch im selben Jahr eingestellt wurde. I. d. F. übersiedelte er nach Jungbunzlau, wo er mit Thurn u. Taxis das radikal nationale tschech. Bl. „Boleslavan“ hrsg. Wegen Störung der öff. Ordnung wurde V. 1864 zweimal angeklagt und verbrachte insgesamt neun Monate im Gefängnis; die Z. wurde inzwischen eingestellt. Nach einem Kurzaufenthalt in Dresden kehrte er nach der Amnestie nach Prag zurück und fungierte 1865–97 als Sekr. der Bez.vertretung in Melnik. Durch sein freundl. Auftreten, seine kulturellen Interessen und organisator. Fähigkeiten avancierte V. bald zum beliebten Regionalpolitiker. Er erwarb sich Verdienste um die wirtschaftl. Entwicklung der Stadt, gründete ein Laientheater (1871–78), ein Mus. (1887) und einen örtl. Ableger des Turnver. Sokol (1868). V. war mit zahlreichen Persönlichkeiten des tschech. polit. und kulturellen Lebens befreundet, z. B. mit Gustav Eim, Josef Václav Frič, →Eduard Grégr, →Jan Neruda, →Miroslav Tyrš, →Ervin Špindler und →Emanuel Tonner. Polit. engagierte er sich in der Jungtschech. Partei, u. a. als Mitorganisator der Volksversmlg. am St. Georgsberg 1868, und kandidierte 1875 und 1889 erfolglos für ein Mandat im böhm. LT. Ab 1871 arbeitete er als Red. bei den regionalen Ztg. „Mělničan“ bzw. „Pšovan“, später auch bei den „Mělnické listy“. Seine weitere Karriere verhinderte jedoch 1897 eine strafgerichtl. Untersuchung wegen eines Fehlbetrags von mehreren 100.000 fl, ein Umstand, der bei der Revision in der Melniker landwirtschaftl. Vorschusskasse entdeckt wurde. V., Kassier und Buchhalter, wurde sofort von allen Funktionen suspendiert. Aus der Untersuchungshaft auf Kaution entlassen, zog er nach Pilsen zu seiner Tochter und verstarb vor dem weiteren Prozessverfahren beim Strafgericht in Prag. V. war Mitgl. und Mäzen des Akademikerver. für Nordwestböhmen Říp, des Wirtschaftsver. Oul sowie der Schriftsteller- und Volksbildungsver. Spolek akademiků belletristů Máj (ab 1889) bzw. Beseda mělnická.

Weitere W.: s. LČL. – Nachlass: Literární archiv PNP, Praha, CZ.
L.: Prager Tagbl., 7. 10. 1897, 8. 7. 1899; Národní listy, 7., Bohemia, 8. 7. 1899; AZ, 21. 2. 1900; LČL (m. W.); Wurzbach; J. Jelen, in: Mělnicko: Z jeho života a práce, red. J. Stáhlík, 1936, S. 118f., 125ff. (m. B.); V. Jílek, in: Z doby Nerudovy, red. K. Krejči, 1959, S. 212ff. (m. B.); O. Šimáček, Tisky pro dělníky v publicistice radikální demokracie, 1977, S. 33f.; ders., Pravda. Popis a rozbor časopisu, 1978, S. 5ff.; J. Senohrábek, in: Český časopis historický 100, 2002, S. 312ff.; M. Hlavačka, Zlatý věk české samosprávy, 2006, S. 50ff.; M. Sígl, Kdo byl a je kdo: Mělnicko, Kralupsko, Neratovicko, 2007, S. 496; J. Novotný – J. Šouša, in: Historický obzor 14, 2008, Nr. 7–8, S. 149ff.; Mělník, ed. J. Kilián u. a., 2010, s. Reg. (m. B.); UA, Wien.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 286f.
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>
Bd. <==> | |<1  <=−10<=  S. 1 =>+10=>