Visconti Venosta, Giovanni (Gino) Nobile (1831–1906), Politiker, Schriftsteller und Journalist

Visconti Venosta Giovanni (Gino) Nobile, Politiker, Schriftsteller und Journalist. Geb. Mailand, Lombardo-Venetien (Milano, I), 4. 9. 1831; gest. ebd., 1. 10. 1906. Sohn des Ökonomen, Statistikers und Fachautors Francesco V. V. (1797–1846) und dessen Frau Paola Borgazzi, Bruder von →Emilio Marchese V. V.; verheiratet mit Laura Marchesa D’Adda Salvaterra. – Gem. mit seinem Bruder gehörte V., der in Pavia Rechtswiss. stud., der italien. Unabhängigkeitsbewegung an, v. a. dem Kreis um Cesare Corretti in Mailand und der Partei Giuseppe Mazzinis. Ab 1848 frequentierte er den Salon von Clara Gfn. Maffei und arbeitete i. d. F. an den Z. „Il Crepuscolo“ und „La Perseveranza“ mit. 1856 verf. er die Balladenparodie „La partenza del Crociato“, die noch im selben Jahr ohne sein Wissen publ. wurde und sich großer Popularität erfreute (Nachdruck 1913). 1859 floh er nach Piemont und übernahm das Amt des kgl. Kommissars im Veltlin. Wie sein Bruder rückte er von den Positionen Mazzinis ab und schloss sich der monarchist. Partei von Camillo Benso Gf. v. Cavour an. Ab 1859 Mailänder Gmd.rat, wurde er 1865 in die Abg.kammer des italien. Parlaments gewählt, übte diese Funktion jedoch nur eine Legislaturperiode lang aus und widmete sich anschließend seinen philanthrop. und kulturellen Interessen. Sein literar. Werk, das einige Erz. und den Roman „Il curato d’Orobio“ umfasst, ist →Alessandro Manzonis „I Promessi Sposi“ (1827) nachempfunden, sowohl die Personencharakterisierung als auch die Sprache betreffend. Als sehr gelungen werden seine Memoiren beurteilt: Der flüssig und in leichtem Ton geschriebene Bd. „Ricordi di gioventù. Cose vedute e sapute“ (1904) schildert anschaul. das Mailänder polit. Klima zur Zeit des Risorgimento. V. fungierte daneben als umsichtiger Kustos der Familienbesitzungen und beauftragte gem. mit seinem Bruder den Architekten Giovanni Brocca mit der Planung einer in neumittelalterl. Stil gehaltenen Grabkapelle im Veltliner Grosio (1866–72). Er war weiters als Kunsthändler tätig und 1899–1902 Mitgl. der Commissione Conservatrice Provinciale per le Belle Arti.

Weitere W.: Novelle, 1871; Nicolò e la questione d’oriente. Tragedia in parodia per marionette, 1886; Il prode Anselmo e altre poesie buffe, ed. G. Tedeschi, o. J.
L.: Il Giornale dʼItalia, 15. 5. 1904; Corriere della Sera, 2. 10. 1906; Enc. It.; Wurzbach; G. Mazzoni, Rassegne letterarie, 1887, S. 28ff.; L. Pullè, A raccolta, 1911, S. 318ff.; G. Crespi, in: La Lettura 13, 1913, S. 518ff.; M. Scherillo, ebd. 15, 1915, S. 395ff. (m. B.); E. Mazzali, Poeti e letterati in Valtellina e in Valchiavenna, 1954, S. 121ff.; C. M. Fiorentino, Gli ultimi momenti di A. Manzoni nelle lettere di G. V. V. al fratello Emilio, 2001; G. Angelini, in: Recuperi e restituzioni. Tesori nascosti dal territorio, ed. A. Dell’Oca – G. Angelini, Sondrio 2006, S. 53ff. (Kat.); G. Angelini, in: F. Malaguzzi Valeri (1867–1928). Tra storiografia artistica, museo e tutela, ed. G. C. Sciolla – A. Rovetta, 2014, S. 271ff. (m. B.).
(G. Angelini)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 294f.
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