Visintini, Franz (1874–1950), Techniker

Visintini Franz, Techniker. Geb. Ottakring, NÖ (Wien), 3. 7. 1874; gest. ebd., 13. 5. 1950; evang. AB. V. soll das Eidgenöss. Polytechnikum in Zürich absolv. haben (nicht belegt) und war anschließend in einem auf Bankbauten spezialisierten Architektenbüro tätig, für das er Eisenkonstruktionen entwarf. 1901 machte er sich in Zürich selbstständig und übernahm mit seinem Ges. Georg Weingärtner die Verwertung der Siegwart’schen Patente für Belgien, das Dt. Reich, Frankreich und Österr. Neben dem Entwerfen von Eisenbetonbauten spezialisierte er sich i. d. F. auf die Ausführung von Siegwart’schen Hohldeckenbauten. Nachdem er 1902 mit dem von ihm erfundenen und in zahlreichen Ländern patentierten (US-Patent 1903) Eisenbetonfachwerkträger an die Öffentlichkeit getreten war, gründete er das Ing.büro Visintini & Weingärtner und bemühte sich i. d. F. um die internationale Verbreitung seines Systems. So ließ er in zahlreichen europ. Städten Belastungsproben von V.-Balken vornehmen und präsentierte die Fachwerkträger im Rahmen von Lichtbildvorträgen. 1904 verlegte V. sein Zentralbüro nach Dresden-Blasewitz (Weingärtner schied 1905 aus der Fa. aus), ehe er 1906 nach Wien zurückkehrte. Dort stud. er 1907 als ao. Hörer sowie (nach Ablegung der Matura an der Dt. Staatsrealschule in Karolinenthal bei Prag 1908) 1908–11 als o. Hörer an der TH. Auch polit. engagiert, trat er bei der RR-Wahl 1911 als dt.-freiheitl. Kandidat in Wien an und wurde 1913 Bez.rat in Döbling. Während seines Militäreinsatzes im 1. Weltkrieg, in dem V. teils als Baugruppenkmdt. in Verwendung war, brachte er mehrere größere Brückenschläge zur Durchführung (1916 außertourl. Beförderung zum Hptm.). 1922 nahm er sein Stud. an der Bauing.schule der TH wieder auf, wo er 1923 die I. und die II. Staatsprüfung ablegte und 1924 mit der Diss. „Der Eisenbetonfachwerkträger System Visintini und sein Werdegang“ zum Dr. techn. prom. wurde. Einen Förderer fand V. in Rudolf Saliger, einem Pionier des Stahlbetonbaus. Sein System kam anfangs bei Deckenkonstruktionen im Hochbau, später auch häufig beim Brückenbau zur Anwendung. Denkmalgeschützt sind heute der 1926/27 errichtete Fußgängersteg über die Triesting in Oberwaltersdorf sowie die 1927 erbaute V.-Brücke in Pottenstein. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere V.-Träger auf dem Gebiet der ehemaligen Monarchie nachgewiesen. V. gehörte der Allg. Sektion der Ing.kammer für Wien, NÖ und Bgld. an. 1943 wurde er zum Präs. der Ing.kammer der Donau- und Alpengaue ernannt, deren kommissar. Leiter er schon zuvor gewesen war. Als Bergsteiger unternahm V. anspruchsvolle Fahrten und war der Alpinen Ges. „D᾽ Voisthaler“ verbunden. Er erhielt 1944 die Goethe-Medaille für Kunst und Wiss. für Verdienste um die Eisenbetonforschung. Sein Fachwerkträger wurde auf der Weltausst. in St. Louis 1904 mit einer Goldenen Medaille ausgez.

L.: RP, 15. 2. 1927; NWT, 4. 7. 1944; Kleines Volksbl., 17. 5. 1950; Österr. Alpenztg. 68, 1950, S. 204f.; A. Pauser, Entwicklungsgeschichte des Massivbrückenbaues …, 1987, s. Reg.; ders., Eisenbeton 1850–1950, 1994, s. Reg.; G. A. Stadler, Das industrielle Erbe NÖ, 2006, s. Reg.; En garde! Allez! Touché! 100 Jahre Fechten in Dtld. – eine Erfolgsgeschichte, red. A. Schirmer, 2012, S. 22; AdR, TU, WStLA, alle Wien.
(E. Offenthaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 297
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