Vojan, Eduard (1853–1920), Schauspieler

Vojan Eduard, Schauspieler. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 5. 5. 1853; gest. ebd., 31. 5. 1920. Sohn des Beamten František V. und dessen Frau Anna V., geb. Krejčí, Vater von Olga V. (s. u.). – V. besuchte die Realschule, die er jedoch nicht abschloss. Er sollte Lithograph werden, ging aber als passionierter Theaterdilettant 1869 zur Theaterges. von Jiljí (Egidius) Krämer und war dann auch bei Emanuel Rott, Václav Braun, Josef Emil Kramuele und Jan Pištěk engag. Wichtig für seine weitere Entwicklung war ein dreijähriges Engagement (1881–84) bei dem damals in Pilsen wirkenden František Pokorný sowie bei dessen Nachfolger →Pavel Švanda ze Semčic d. Ä. Nachdem V.s Plan, ein eigenes Ensemble zu gründen, 1886 gescheitert war, kehrte er zu dem inzwischen in die Prager Vorstadt Smichow übersiedelten Švanda zurück. 1888 wurde er an das Nationaltheater Prag engag. und gehörte bis zu seinem Tod zu dessen wichtigsten Mitgl. 1913 erhielt er von der Theaterdion. auch den Ehrentitel eines Oberregisseurs. Die ihm 1918 angebotene Funktion als Chef des Schauspiels nahm er nicht an. Mit dem Nationaltheater eng verbunden, lehnte V. mit Ausnahme von Gastspielen in Agram und Belgrad als Hamlet, Shylock und Othello auswärtige Angebote ab, trat aber häufig in Pilsen und Brünn sowie bei Amateurtruppen auf. Seine Darstellungskunst entwickelte sich v. a. in der Ära des realist. Dramas. Bei Švanda spielte er zum ersten Mal Rollen in Stücken von Ibsen und russ. Autoren. Am Nationaltheater trat er in den Werken der tschech. Bühnenschriftsteller seiner Zeit (→Alois Jirásek, →Jaroslav Kvapil, Jiří Mahen u. a.) auf. V. reüssierte mit seiner individuellen, psycholog. begründeten Darstellungsweise in Shakespeare-Rollen (Macbeth, Hamlet, Shylock, Marcus Antonius) und in Stücken von Tschechow, Ibsen (Solness), Rostand (Cyrano), Schiller (Wallenstein), Goethe (Mephisto) usw. Die Kritik verglich ihn mit →Josef Kainz und Albert Bassermann. Mit Erfolg konnte er seine Bühnenpräsenz, Mimik und Gestik zur Geltung bringen. Obwohl V. von Natur aus über keine voluminöse, wohlklingende Stimme verfügte, gelang es ihm, sie zielbewusst zu entwickeln und zu beherrschen, sodass er auch wegen seiner präzisen Artikulation und seiner sorgfältig durchdachten stimml. Nuancierungen sehr geschätzt wurde. Seine Tochter Olga V., bekannt als Olga Wojan (geb. Prag, 25. 2. 1896; gest. Berlin, Dt. Reich/D, 9. 11. 1922, Suizid), war 1912–14 Schülerin →Max Reinhardts in Berlin und danach Mitgl. mehrerer Berliner Bühnen (u. a. Komödientheater, Schiller-Theater, Theater Tribüne). Sie versuchte sich auch literar. zu betätigen. Nachdem sie ihren Vater und kurz danach ihren Verlobten verloren hatte, führten Depressionen zu ihrem freiwilligen Tod.

Weitere Rollen: s. Národní divadlo; Česká činohra.
L.: Národní divadlo, 1988 (m. B. u. Rollenverzeichnis); Česká činohra 19. a začátku 20. století 2, red. E. Šormová, 2015 (auch für Olga V.; m. B. u. Rollenverzeichnis). – Olga V.: Grazer Tagbl., 13. 11. 1922; Osobnosti.cz (m. B., Zugriff 14. 7. 2016, s. Vojanová); filmportal.de (m. B., Zugriff 14. 7. 2016).
(V. Reittererová)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 336
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