Volf (Wolf) Josef, Ps. J. V. Přeštický, Historiker, Bibliothekar und Lehrer. Geb. Přichowitz, Böhmen (Přeštice, CZ), 7. 2. 1878; gest. Praha, Tschechoslowakei (CZ), 12. 5. 1937. Sohn des Bergmanns Josef V., der auch Bücherwart eines Bergarbeiterver. war, und seiner Frau Kateřina, geb. Votavová, Vater des Glasfachmanns und Botanikers Miloš Bohuslav V. (1915–1983). – V. besuchte 1892–99 das dt. Gymn. in Pilsen, diente 1899–1900 als Einjährig-Freiwilliger ebd. und begann daneben Geschichte an der tschech. Univ. in Prag zu stud. (1904 Dr. phil.). 1902 wurde er Praktikant in der Bibl. des Kunstgewerbl. Mus., ab 1903 wirkte er in der Bibl. des Nationalmus. in Prag (1904 Skriptor, 1914 Oberbibliothekar, 1923 stellv. Dir., 1928–37 Dir.). Dort gründete er die sog. slaw. Abt. und reorganisierte zusammen mit Miloslav Novotný 1924 auch das Literaturarchiv (Anfang der 1960er-Jahre in das Literární archiv Památníku národního písemnictví übergegangen). 1907–13 unternahm V. mehrere Stud.reisen nach Sachsen, Schlesien und in andere Tle. Preußens, um Archivmaterial über böhm. Exulanten nach 1620 zu sichten. Nach dem 1. Weltkrieg beteiligte er sich intensiv an der Organisation der Bibliothekarsausbildung (1928–31 Dir. der Státní knihovnická škola), initiierte mehrere Gesetze zur Errichtung von Gmd.bibl. und wurde 1928 Vors. der Knihovní rada hlavního města Prahy. V. war Mitbegründer diverser volksaufklärer. (Masarykův lidovýchovný ústav) und berufl. (Spolek československých knihovníků, Rodopisná společnost, Spolek českých bibliofilů) Vereinigungen. Zugleich war er ein landesweit gefragter Vortragender. Er beschäftigte sich umfassend mit der böhm. und mähr. Kulturgeschichte des 15.–19. Jh., v. a. mit der konfessionell bedingten Migration, mit Leben und Werk von Jan Amos Komenský, aber zunehmend auch mit der Geschichte des Buch-, Ztg.- und Bibl.wesens (Bibliophilie, Verlage, Zensurpraxis, Lesever.). Er lieferte zudem viel wertvolles Material zur Biographie einzelner kulturell tätiger Persönlichkeiten wie →Karel Slavoj Amerling, →Josef Dobrovský oder →Václav Hanka, gab Werke der älteren Literatur (Hilarius de Lithomerzicz) heraus und interessierte sich für die Geschichte der Freimaurerei und anderer Geheimges. Zu synthet. Darstellungen gelangte er jedoch nicht (mit Ausnahme von „Dějiny novin a časopisů do roku 1848“ und „Přehled vývoje knihkupectví a nakladatelství v Československu do převratu“, in: Československá vlastivěda 4, 1933). Ein wesentl. Tl. seines Schaffens blieb die kulturgeschichtl. ausgerichtete Bibliographie. 1910 wurde V. Geschäftsführer der Matice česká, 1911 ao. Mitgl. der kgl. böhm. Ges. der Wiss. und 1935 o. Mitgl. der Česká akad. věd a umění. Als Freimaurer gehörte er u. a. der Loge Komenský an.