Vonwiller, (Johann) Heinrich (1854–1913), Unternehmer

Vonwiller (Johann) Heinrich, Unternehmer. Geb. Burago, Lombardo-Venetien (Burago di Molgora, I), 27. 9. 1854; gest. Wien, 15. 5. 1913; evang. HB. Enkel von →Nikolaus Vonwiller, Sohn von Oskar Vonwiller (1822–1888), Neffe von →Emil Vonwiller, Bruder von Albert Vonwiller (geb. Mailand, Lombardo-Venetien / Milano, I, 1847; gest. ebd., 1933), Cousin von Alfred Vonwiller (geb. 2. 6. 1873; gest. 1945), Vater von Rüdiger Ernst Emil Vonwiller (geb. St. Gallen, CH, 19. 2. 1908); ab 1885 mit der Haslacher Textilindustriellentochter Clara Vonwiller, geb. Foelser, verheiratet. – V. erlernte das Tischlerhandwerk, stieg in das Familienunternehmen ein und übernahm von seinem Onkel die Leitung des Wiener Teils, Vonwiller & Co. AG und Vonwiller & Co., Geldgeschäft, Bank und Kaufmannsgeschäft. Dessen Sohn Alfred Vonwiller interessierte sich wenig für die Geschäfte, sondern machte sich vielmehr als erster Ballonflieger über den Ärmelkanal und Großwildjäger sowie als Reiter einen Namen. Durch V.s Heirat mit der Tochter des Bleicherei- und Appreturunternehmers in Lichtenau bei Haslach waren die beiden Betriebe wirtschaftlich eng miteinander verbunden. Um 1850 beschäftigte man in Haslach etwa 360 Personen und erzeugte jährlich rund 65.000 Pfund Leinen- und Baumwollwaren, die in Mittel- und Süditalien sowie in der gesamten Monarchie verkauft wurden. 1879 wurde die Erste Wiener Walzmühle Vonwiller & Comp. mit Oskar Sittig als weiterem Gesellschafter gegründet. 1896 ließ man das Unternehmen als Einzelfirma ins Wiener Handelsregister eintragen mit Emil, Heinrich und Albert Vonwiller als Gesellschafter (heute GoodMills Österreich). Nach dem Tod Emil Vonwillers 1902 übernahm er gemeinsam mit seinem Bruder die Geschäftsleitung der Familienunternehmensgruppe, zu der neben Textil- und Papierfabriken Bankhäuser und Bergwerke etc. gehörten. Die Mühle erhielt 1904 den ersten Getreide-Elevator Wiens, der das händische Entladen der Schleppschiffe ablöste. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Mühle Am Schüttel an der Alten Donau von Schoeller & Co. mit der Vonwiller-Mühle und der Schwechater Kellner-Mühle in die Getreide AG eingegliedert und ab 1931 als Erste Wiener Walzmühle Vonwiller, Schoeller, Kellner AG weitergeführt. V. war weiters Gesellschafter der Leinen-, Baumwoll-, Schafwoll- und Seidenwarenfabrik in Haslach mit Fabriksniederlage in Wien, der Schafwollwebfabrik in Senftenberg mit Niederlage in Brünn, des Bank-Geschäfts in Mailand, der Papierfabrik in Romagnano Sesia mit Niederlagen in Mailand und Rom. Bedingt u. a. durch V.s Tod und mangels eines bereits eingeführten Nachfolgers ging während des 1. Weltkriegs ein Großteil des Vermögens verloren; lediglich die Besitzungen in Haslach blieben der Familie erhalten. Die Textilkrise in der 2. Hälfte des 20. Jahrhundert bereitete dem Unternehmen Ende der 1990er-Jahre ein Ende.

L.: WZ, 20. 7. 1879; NFP, 17. 5. 1913 (Parte); E. M. Meixner, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich 2, 1952, s. Reg.; St. Punz, Textiles Zentrum Haslach, techn. DA Graz, 2007, S. 16ff.; R. Sandgruber, Traumzeit für Millionäre, 2013, s. Reg. (mit Bild); R. Sandgruber, in: Österreich – was sonst?, ed. H. Stekl u. a., 2015, S. 230ff.; P. Eigner u. a., Geschichte der österreichischen Privatbanken, 2018, s. Reg.; Website GoodMills Österreich (Zugriff 24. 4. 2018); reformierte Stadtkirche, WStLA, beide Wien.
(I. Nawrocka)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)