Vyhlídal, Jan; Ps. J. V. Hora, Boleslav Ratiborský (1861–1937), Volkskundler, Schriftsteller und Priester

Vyhlídal Jan, Ps. J. V. Hora, Boleslav Ratiborský, Volkskundler, Schriftsteller und Priester. Geb. Hluchow, Mähren (Hluchov, CZ), 27. 4. 1861; gest. Vyškov, Tschechoslowakei (CZ), 18. 6. 1937; röm.-kath. Sohn des Bauern Franz V. und der Wirtstochter Vinzenzia V., geb. Krist. – V. besuchte ab 1873 das Slaw. Gymn. in Olmütz unter →Jan Ev. Kosina und →Vincenc Prasek. Nach der Matura (1882) stud. er dort Theol. und erhielt 1886 die Priesterweihe. Im selben Jahr wirkte er als Kaplan in Welka, 1887–90 im hannak. Dobromělitz sowie 1890–98 als Kaplan und Administrator in Jaktar bei Troppau. Danach kehrte er endgültig in die Hanna zurück: zuerst als Kaplan nach Hullein, 1903 als Pfarrer nach Loboditz und i. d. F. nach Schwabenitz, wo er 1911–26 tätig war. Nach der Pensionierung lebte er in Wischau. V. war Mitgl. mehrerer volksaufklärer., hist. und literar. Ver. (Státní ústav pro lidovou píseň, Vlastivědný muzejní spolek v Olomouci, Spolek literární a umělecký v Olomouci, Moravsko-slezská beseda v Praze) und engagierte sich im gesellschaftl. und wirtschaftl. Leben der tschech. Minderheit in Österr.-Schlesien. So rief er beispielsweise 1891 mit Florian Lužný einen Ver. ins Leben, der die Gründung von Bibl. unterstützen sollte (Spolek pro zakládání knihoven ve Slezsku). V. betrieb volkskundl. Forschungen an seinen Wirkungsstätten in der Hanna sowie im Hultschiner Ländchen und im Troppauer Land und besuchte die tschech.sprachigen Gmd. um Leobschütz sowie (nach dem 1. Weltkrieg) im damaligen Jugoslawien und in NÖ. 1906 errichtete er in Loboditz eine Stickschule zur Bewahrung der für die Hanna charakterist. Volksstickerei. In materialreichen Stud. beschrieb er anhand zahlreicher Archivquellen, aber auch mittels Terrainforschung die materielle und geistige Kultur (Volkslieder, Rätsel, Sprüche, Reime) der jeweiligen Region, die er verstärkt religiös und national interpretierte. Auch V.s belletrist. Schaffen, das sich zumeist auf die Hanna bezieht, ist wesentl. Bestandtl. seines folklorist. Werks. Seine humorist. Erz. und Feuilletons wurden dank ihrer einfachen Form und lebendigen Sprache trotz ihres leicht lehrhaften Charakters viel gelesen. Eine Auswahl davon erschien in der Ser. „Pod hanáckou oblohou“ (7 Bde., 1932–40). V. ist zudem Autor wichtiger Memoiren und beschäftigte sich mit Literaturkritik. Er war Ehrenkanonikus von Kremsier. Seine reichhaltigen volkskundl. Smlgg. werden in Mus. und Archiven in Opava, Vyškov und Olomouc aufbewahrt.

Weitere W. (s. auch LČL): Příhody z Vysoudilova, 1898; Naše Slezsko, 2 Bde., 1901–03; Pohádky a pověsti z Hané, 1915; Hanácké humoresky, 1922; Vlastenecké vzpomínky slezské, 1935 (m. B.). – Literar. Nachlass: Muz. Vyškovska, Vyškov, Zemský archiv v Opavě, Opava, beide CZ.
L.: Lidové noviny, Národní listy, 20. 6. 1937; LČL (m. W.); B. Slavík, J. V., 1935 (m. B.); T. J. Jiroušek, in: Vlast 51, 1937, S. 255; Poselství, 1938, S. 382ff.; B. Slavík, in: Hanácké písemnictví, 1940, S. 143ff.; H. Podešvová – A. Robek, in: Radostná země 7, 1957, S. 95f. (m. B.); J. Svátek, in: Stud. Muz. Kroměřížska, 1993, S. 82f.; K. Sommer, in: Časopis Slezského zemského muz. B 52, 2003, Nr. 2, 53, 2004, Nr. 1–2, S. 43ff.; Pfarre Čechy pod Kosířem, CZ.
(V. Petrbok)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 374f.
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