Walcher von Molthein, Alfred Ritter (1867–1928), Kunsthistoriker und Sammler

Walcher von Molthein Alfred Ritter, Kunsthistoriker und Sammler. Geb. Palermo (I), 21. 3. 1867; gest. Schloss Feldegg (OÖ), 12. 12. 1928; röm.-kath. Enkel des 1854 nob. Oberbuchhalters der Nationalbank Johann (Nepomuk) Georg W. v. M. (geb. Moldauthein, Böhmen / Týn nad Vltavou, CZ, 5. 1. 1785) und dessen Frau Franziska W. v. M., geb. Welzl v. Wellenheim (gest. Wien, 20. 8. 1874), Sohn von Leopold Ritter W. v. M. (s. u.), Bruder von →Humbert Ritter W. v. M.; ab 1893 verheiratet mit Anselma W. v. M., geb. Welzl v. Wellenheim. – Ursprüngl. für den diplomat. Beruf bestimmt, begann W. in Wien nach dem Theresianum das Stud. der Rechte (1888–90), das er jedoch abbrach, worauf er sich der Kunstgeschichte zuwandte. Bereits 1893 fing er mit dem Sammeln von Kleinplastik und Keramik an und avancierte i. d. F. zum Spezialisten für mittelalterl. Kunstgeschichte sowie das ältere dt. Kunsthandwerk, v. a. die dt. Renaissancekeramik, Fachgebiete, denen er über 100 Veröff. widmete, u. a. „Bunte Hafnerkeramik der Renaissance in den Österreichischen Ländern Österreich ob der Enns und Salzburg …“ (1906), „Oberösterreichisches Hohlglas mit Emailfarbenbemalung“ (in: Werke der Volkskunst 2, 1914) sowie „Die deutschen Renaissanceplaketten der Sammlung Alfred Walcher Ritter von Molthein …“ (ed. Edmund Wilhelm Braun, 1918). Daneben schrieb er für Hugo Helbings „Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel“. 1902–14 arbeitete W. als Kustos in den Smlgg. von Johann Nepomuk Gf. Wilczek und gab 1914 den Prachtbd. „Burg Kreuzenstein an der Donau“ mit einer Einleitung von →Johann Paukert v. Hohenfranken heraus. Auf seinen vielen Reisen durch Europa erwarb er zahlreiche Antiquitäten, die auf Burg Kreuzenstein Verwendung fanden (vgl. „Herd- und Küchengeräte aus der Burg Kreuzenstein“, in: Kunst und Kunsthandwerk 10, 1907). Auch für Erzhg. →Franz Ferdinand erwarb er Kunstwerke. Während des 1. Weltkriegs wurde W. vom Kriegsmin. mit der Leitung des Kunstschutzes und der Kunstabt. der Metallaufbringungssmlg. betraut. Nach dem Krieg erwarb er Schloss Feldegg bei Pram, das er vor dem Verfall rettete und als seinen Sommersitz adaptierte. 1927 fungierte er als Hrsg. der kurzlebigen Z. „Altes Kunsthandwerk“. W. wurde 1915 Ritter des Franz Joseph-Ordens. Sein Vater Leopold Ritter W. v. M. (geb. Wien, 29. 11. 1824; gest. ebd., 21. 5. 1911; röm.-kath.) war ab 1863 in 1. Ehe verheiratet mit Camilla W. v. M., geb. Malanotti (geb. Wien, 30. 8. 1839; gest. 7. 7. 1872), und ab 1877 in 2. Ehe mit Emilie Katharina W. v. M., geb. Mollwo-Moberly (geb. Archangelsk, RUS, 18. 7. 1828; gest. Wien, 19. 2. 1904). Er stud. in Wien Rechtswiss. (1856 Dr. iur.), wurde 1850 zum Konsulareleven ernannt und der Zentralseebehörde in Triest zugeteilt. Nach kurzem Aufenthalt ebd. war er in subalternen Funktionen an diplomat. Vertretungsbehörden in Smyrna, Galatz und Alexandria tätig. 1859 wurde er zum Vizekonsul in der Donauhafenstadt Widin ernannt; 1863 Konsul. Ab 1864 in gleicher Funktion in Jerusalem tätig, setzte er sich für die Sicherung des kath. Friedhofs durch Errichtung einer Mauer sowie den Bau einer befestigten Straße zwischen Jaffa und Jerusalem ein. Ab 1866 Leiter des Gen.konsulats in Palermo, oblag ihm die Reorganisation des Konsulardiensts in den sizilian. Hafenstädten nach dem Friedensschluss mit Italien. Nachdem er auf diesem Posten 1869 zum Gen.konsul befördert worden war, erfolgte 1871 seine Versetzung nach Paris, wo er als Leiter des Gen.konsulats sowie als Kommerzkanzleidir. bei der Botschaft fungierte. In seiner Pariser Zeit war er u. a. mit der österr.-ung. Beteiligung am Geographenkongress 1875 sowie an der Weltausst. 1878 befasst. Er war zudem Mitbegründer und Vizepräs. des Österr.-Ung. Hilfsver. in Paris; 1883 i. R. Leopold W., ab 1873 Min.rat und Ehrenmitgl. der Österr. Geograph. Ges., war Träger zahlreicher weiterer in- und ausländ. Ausz., u. a. Ritter der Eisernen Krone III. Kl. (1870), Komtur des Franz Joseph-Ordens (1876) mit dem Stern (1879), Kommandeur der französ. Ehrenlegion, des päpstl. Gregor-Ordens sowie des osman. Mecidiye-Ordens. 1873 wurde er in den Ritterstand erhoben.

Weitere W.: Das Zinngießerhandwerk der Stadt Salzburg, 1910; Der Renaissancefund von Poysdorf, 1914.
L.: RP, 21. 3. 1927, 15., 16. 12. 1928; Jb. der Wr. Ges.; Krackowizer-Berger; Smlg. A. Ritter W. v. M. Dt. Keramik des XV. bis XIX. Jh., sowie Töpferarbeiten aus den angrenzenden slaw. Sprachgebieten, 1917, S. IIIff.; Wr. Salonbl. 59, 1928, Nr. 26, S. 11; Mitt. der Ges. für Sbg. Landeskde. 68, 1928, S. 199; H. Hambrusch, Kreuzenstein: Geschichte der Urburg und Neuaufbau des Gf. J. N. Wilczek …, Masterarbeit Wien, 2014, S. 39; A. Nierhaus, Kreuzenstein. Die mittelalterl. Burg als Konstruktion der Moderne, 2014, s. Reg.; AVA, Pfarre St. Stephan, UA, alle Wien; Pfarre Pram, OÖ; Pfarre Týn nad Vltavou, CZ. – Leopold W. v. M.: AVA, HHStA, Pfarre St. Michael, Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten, UA, alle Wien.
(Ch. Gruber – H. Bergmann)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 434f.
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