Waldmüller, Katharina; geb. Weidner (1792–1850), Sängerin

Waldmüller Katharina, geb. Weidner, Sängerin. Geb. Leopoldstadt, NÖ (Wien), 7. 4. 1792; gest. Wien, 28. 11. 1850; röm.-kath. Tochter des Schneiders Franz Weidner aus dem österr.-schles. Weidenau und des aus Winn bei Parsberg in der Oberpfalz stammenden Stubenmädchens Katharina Weidner, geb. Fux, der Tochter eines Viehhirten, Schwester u. a. des Schauspielers Carl Weidner, des Tonkünstlers, Lehrers und Erziehungsinst.inhabers Ferdinand Weidner (1799–1875) und des Malers Josef Weidner (1801–1871), Mutter von →Ferdinand Franz Joseph W. und Katharina Amalia W. (s. u.); ab 1814 mit →Ferdinand Georg W. verheiratet, 1822 Scheidung, 1833 Aufhebung der Scheidung, 1834 erneute Scheidung. – Am Theater in der Leopoldstadt spielte W. 1805–10 mehr als 30 Rollen verschiedenster Genres (rezensiertes Debüt 1806). Ab 1810 scheint sie in Agram auf, wo sie am Amadé-Theater wirkte (Benefiz 1812) und ihren späteren Mann kennenlernte. 1813 und 1814 gab W. im nö. Baden Singspielrollen, in der Wintersaison 1815/ 16 in Pressburg die Sophonisbe (Ferdinando Paër) und 1816 in Brünn die Rollen Elmire (Süßmayr, „Soliman der Zweyte“), Thisbe (Nicolò Isouard, „Aschenbrödel“) und Elvire (Peter v. Winter, „Das unterbrochene Opferfest“). Im Oktober 1816 debüt. sie am Ständetheater in Prag als Therese (Joseph Weigl, „Das Waisenhaus“). Dort sang sie u. a. die Rollen Page Olivier (Boieldieu, „Johann von Paris“), Oberpriesterin (Spontini, „Die Vestalin“), Marie (Grétry, „Raoul der Blaubart“), Rosine (Dittersdorf, „Hieronimus Knicker“), Louise (Winter, „Maria von Montalban“), Diana (Gluck, „Iphigenia auf Tauris“), Donna Anna (Mozart, „Don Juan“), Tancred (Rossini) und Agnese (Paër). 1817 erhielt sie an der Wr. Hofoper einen Einjahresvertrag, dem sich ein zweiter Kontrakt anreihte. Letzterer besiegelte, sie (mit Pensionsanspruch im Fall der Dienstunfähigkeit) fortwährend beizubehalten. Dies sicherte ihr de facto bis Lebensende ein fixes Einkommen, zumal sie formell nie pensioniert wurde. W. debüt. dort 1817 als Therese, sang 1817–27 in allen 30 Vorstellungen von Mozarts „Titus der Gütige“ den Sextus, war in (dt.-sprachigen) Erstauff. Tancred, Puck (Weber, „Oberon“), Vergy (Grétry, „Raoul der Blaubart“) und Zomira (Rossini, „Richard und Zoraide“), war u. a. Pippo (Rossini, „Die diebische Elster“), Arsazes (ders., „Semiramis“) und Ardverson (Auber, „Die Ballnacht“) und blieb (mit den „Idomeneus“-Auff. 1819/20) der einzige weibl. besetzte Idamant in der Geschichte des Kärntnertortheaters. 1823–46 wurde sie nur noch unregelmäßig eingesetzt. W. gastierte 1824 in Prag (u. a. Donna Elvira in „Don Juan“), 1825 in Leipzig, Hamburg (u. a. Emmeline in Weigls „Die Schweizer Familie“) und Brünn, 1825/26 in Amsterdam (u. a. Julia in „Die Vestalin“), Den Haag und Utrecht (u. a. Agathe in Webers „Der Freischütz“), 1826 in Frankfurt am Main und Karlsruhe, 1836 in Pest, 1837 in Graz und 1837/38 in Brünn. Sie trat auch konzertant auf (u. a. in Mozarts Requiem). W. war von kleiner, zarter Gestalt. Die Kritik bewunderte an ihr weder eine äußere Schönheit noch einen kunstvollen Gesang im Sinne des Zeitgeschmacks, sondern hob einhellig die gehaltvolle Stimme (Mezzosopran) hervor, deren außerordentl. Kraftfülle mit dem Potenzial, ein Theater zu erleuchten, den beträchtl. Umfang, bes. die tiefe klangvolle Altlage, ihre Force-Töne, wenn sie nicht zu forciert waren, ihren einfachen Naturgesang und ihr dramat. Spiel. Bühnenpartner waren →Johann Michael Vogl, →Ignaz Saal, →Franz Anton Forti, →Therese Müller, →Wilhelmine Schröder, →Caroline Unger-Sabatier, →Henriette Sontag, Caroline Fischer-Achten, →Anna Maria Wilhelmine van Hasselt-Barth u. a. An der Wr. Hofoper hatte W. 1817–46 ca. 280 Auftritte in 13 Rollen (davon 10 Hosenrollen). Insgesamt sind für W. (neben konzertanten Parts) 66 Rollen nachgewiesen. Zu ihren Schülern zählte Elise Richter-Ender. W.s Tochter Katharina Amalia W. (geb. Wien, 24. 3. 1820; gest. Teltsch, Mähren / Telč, CZ, 6. 1. 1848), die ab 1838 mit dem Rgt.unterarzt und späteren obrigkeitl. Physikus in Teltsch Franz Lach verheiratet war, wurde ebenfalls Opernsängerin (Mezzosopran). Sie war Schülerin von →Josepha Gottdank und gab 1836 ihr Bühnendebüt in Pest als Page Gustav (Auber, „Die Ballnacht“; ihre Mutter sang dabei die Ardverson). 1837 gastierte sie in Graz als Adalgisa (Bellini, „Norma“), Annchen („Der Freischütz“, mit Ludwig Cramolini als Max) und Gustav, den sie auch 1837/38 in Brünn sang. Dort spielte sie wieder in „Norma“. An weiteren Rollen in Brünn gab sie (nunmehr unter dem Namen Lach) Die Jugend (→Ferdinand Raimund, „Der Bauer als Millionär“), Theres (→Johann Nestroy, „Die beiden Nachtwandler“), Julia (Bellini, „Die Montecchi und Capuleti“), Lise und Amina (Bellini, „Die Nachtwandlerin“), Isabella (Meyerbeer, „Robert der Teufel“) und Irene (Donizetti, „Belisar“). 1839 debüt. sie am Theater in der Josephstadt (Wien) als Page Azzo (Meyerbeer, „Die Ghibellinen in Pisa“) und in Pressburg als Adalgisa. Dort gab sie u. a. die Zerline („Don Juan“). 1841 erschien sie als Azzo (Meyerbeer, „Die Welfen und Gibellinen“) an der Wr. Hofoper. Bis 1847 hatte sie dort ca. 170–200 Auftritte in 19 Rollen, darunter Papagena, Marzelline (→Ludwig van Beethoven, „Fidelio“), Witwe Browe (Lortzing, „Zar und Zimmermann“, Erstauff.), Marquise (Donizetti, „Die Tochter des Regiments“) sowie (in italien. Stagionen) Margherita (Matteo Salvi, „La Prima Donna“, Urauff.), Teresa (Bellini, „La Sonnambula“) und Enrichetta di Francia (ders., „I Puritani“). Die Kritik notierte ihre mittelgroße Wohlgestalt und Anmut, ihr Gefühl und Feuer, ihre gefügige, umfangreiche (in der Höhe mitunter spitze) Stimme mit Goldgehalt der Mittellage und ihre Vivazität.

L.: N. Frühwirth, K. W. ..., wiss. Arbeit Kunstuniv. Graz, 2006; N. Frühwirth, in: Verismo, Verträge, Verschollen, ed. M. Jahn, 2009, S. 33ff. (m. B.); HHStA, Pfarre St. Josef, WStLA, alle Wien; Archiv Frühwirth, Graz, Stmk. – Katharina Amalia W.: Wienbibl. im Rathaus, WStLA, beide Wien; Archiv Frühwirth, Graz, Stmk.; Moravský zemský archiv v Brně, Brno, CZ.
(N. Frühwirth)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 446f.
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