Wallis, Joseph Gf. von (1767–1818), Politiker und Beamter

Wallis Joseph Gf. von, Politiker und Beamter. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 31. 8. 1767; gest. Wien, 18. 11. 1818; röm.-kath. Sohn des Vize-Appellationspräs. in Prag und Obersthof-Lehensrichters in Böhmen Franz Ernst Gf. v. W. (geb. 23. 2. 1729; gest. 18. 4. 1784) und von Maria Maximiliana Gfn. v. W., geb. Gfn. v. Schaffgotsche (geb. 6. 2. 1741; gest. nach 1805), entfernt verwandt mit →Georg Gf. v. Wallis; ab 1788 mit Marie Louise Gfn. v. W., geb. Gfn. Waldstein-Dux (geb. 11. 6. 1768; gest. ca. 1828), verheiratet. – W. trat 1788 beim nö. Landrat in den Staatsdienst ein. Noch im selben Jahr erfolgte die Ernennung zum Landrat. 1789 wurde ihm die k. k. Kämmererwürde verliehen, 1795 avancierte er zum Appellationsrat und 1798 zum HR der Vereinigten Hofkanzlei und zum Referenten für das Kronland Böhmen. 1802 zum Oberstlandrichter und Landrechtspräs. in Böhmen sowie zum w. Geh. Rat ernannt, wurde er 1804 Appellationspräs. in Böhmen. Im Jänner 1805 bestellte man W. zum Gouverneur von Mähren und Schlesien, im Juni desselben Jahres wechselte er als böhm. Oberstburggraf nach Prag. Dort trat er als Förderer wohltätiger und gemeinnütziger Ver. sowie der Blindenheilanstalt auf. 1810 zum Hofkammerpräs. ernannt, war er in dieser Funktion für die finanzielle Konsolidierung der Monarchie zuständig und plädierte für eine radikale Geldabwertung. I. d. F. erließ K. →Franz II. (I.) im Februar 1811 ein Finanzpatent, das zum Staatsbankrott führte. Dieses und die dadurch verursachten sozialen Folgen wurden heftig kritisiert, da die unteren gesellschaftl. Schichten am stärksten von der Geldentwertung betroffen waren. Zudem zeitigte das Patent nicht die gewünschten Folgen, sodass W. nach internen Konflikten demissionierte. 1813 wurde er zum Staats- und Conferenzminister und 1817 zum Präs. der Obersten Justizstelle ernannt. In Anerkennung seiner Verdienste während der napoleon. Kriege erhielt er das Goldene Zivilverdienstkreuz, des Weiteren 1806 das Kommandeurskreuz und 1808 das Großkreuz des St. Stephan-Ordens sowie 1817 den Orden vom Goldenen Vlies.

L.: Gräffer-Czikann; Wurzbach; Intelligenzbl. der österr. Literatur (Beil. zu den Vaterländ. Bll. für den österr. K.staat), 1819, Nr. 18–19; M. F. v. Maasburg, Geschichte der Obersten Justizstelle, 1880, s. Reg.; H.-H. Brandt, in: Staatsfinanzen – Staatsverschuldung – Staatsbankrotte in der europ. Staaten- und Rechtsgeschichte, ed. G. Lingelbach, 2000, S. 55f.; C. Jobst – H. Kernbauer, Die Bank. Das Geld. Der Staat. Nationalbank und Währungspolitik in Österr. 1816–2016, 2016, s. Reg.
(K. Schneider)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 461
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