Walterskirchen, Franz Xaver Gf. von (1862–1933), Politiker, Beamter und Gutsbesitzer

Walterskirchen Franz Xaver Gf. von, Politiker, Beamter und Gutsbesitzer. Geb. Wolfsthal (NÖ), 7. 7. 1862; gest. ebd., 3. 3. 1933; röm.-kath. Enkel des Besitzers des Fideikommisses Wolfsthal, Mitgl. des AH und Mitbegründers der Ztg. „Das Vaterland“ Georg Wilhelm Frh. v. W. (geb. Wolfsthal, 26. 9. 1796; gest. Pressburg, Ungarn / Bratislava, SK, 25. 5. 1865), Sohn von Ernst Frh. v. W. (s. u.), Neffe des Diplomaten Otto Gf. v. W. (geb. Wolfsthal, 19. 6. 1833; gest. Wien, 16. 11. 1912) sowie der Oberin des Klosters zum Herzen Jesu in Budapest Clara Freiin v. W. (geb. 3. 10. 1844; gest. Budapest, H, 4. 6. 1887), Neffe 2. Grades von →Robert Frh. v. W., Schwiegersohn des AH- bzw. HH-Mitgl. Anton Gf. v. Ludwigstorff, Vater u. a. des Besitzers des Guts Wolfsthal Anton Gf. v. W. (geb. Wolfsthal, 1. 5. 1900; gest. Hainburg an der Donau, NÖ, 4. 1. 1985), des Juristen und Min.Rats Franz Gf. v. W. (geb. Wolfsthal, 4. 7. 1904; gest. Wien, 7. 1. 1998) sowie des Mediziners Leopold Gf. v. W. (geb. Wolfsthal, 12. 2. 1906; gest. Hainburg an der Donau, 14. 12. 1998); ab 1892 verheiratet mit Anna Maria Gfn. v. W., geb. Freiin v. Ludwigstorff (geb. Prellenkirchen, NÖ, 15. 6. 1870; gest. Wien, 23. 5. 1943). – Nach dem Besuch des Wr. Schottengymn. als Externist (1880 Matura) und einem Rechtsstud. an der Univ. Wien (1880–84) war W. als Konzeptspraktikant im Verwaltungsdienst an der Statthalterei in Linz sowie an den Bez.hptm.schaften Wels und Braunau tätig und erhielt bei seinem Austritt aus dem Staatsdienst nach dem Tod des Vaters 1891 den Titel eines Statthalterei-Konz. verliehen. Anschließend übernahm er als Besitzer (Einantwortung 1895) die Leitung des Fideikommisses Wolfsthal. 1892 wurde W. als Nachfolger seines Vaters erbl. Mitgl. des HH, wo er sich der konservativen Gruppe der Rechten anschloss. Ab 1899 gehörte er deren Exekutivkomitee an, ab 1907 fungierte er als Obmann-Stellv. Als eines der aktivsten Oberhausmitgl. saß er u. a. ab 1894 in der Petitions- (stellv. Vors. 1909–18) und ab 1897 in der Budgetkomm. sowie in der Wahlreformkomm. (1906) und in den Komm. für Wehrangelegenheiten (1907–18) sowie für Bosnien und die Anerkennung des Islam (1908–12). Auch wurde er ab 1892 beinahe jedes Jahr in die Delegation gewählt und war 1896–1904 (mit Ausnahme von 1900) und 1910 Ber.erstatter über das o. Heeresbudget. Dabei betonte er immer wieder die Notwendigkeit der Einheit der bewaffneten Macht als Grundvoraussetzung für den Fortbestand der Monarchie und deren Verteidigung gegen die ung. Vorstöße in Richtung einer weiter gehenden Autonomie. Ende Februar 1918 trat W. aus der Gruppe der Rechten aus, um sich i. d. F. mit weiteren ehemaligen Mitgl. dieser Fraktion zur betont habsburg.-österr. Reichspartei zu formieren, deren Obmann er ab der formalen Gründung Mitte Juli 1918 war. Außerdem gehörte er 1896–1902 durch einen Wahlkompromiss mit der verfassungstreuen Gruppe als konservativer Abg. des Großgrundbesitzes dem nö. LT an. Auch in diesem Gremium war er aktiv und wurde bereits 1896 zum Obmann-Stellv. und 1900 zum Obmann des Verwaltungsausschusses gewählt. Im LT und darüber hinaus nahm er in NÖ eine vermittelnde Position zwischen Kath.-Konservativen und Christl.sozialen ein. Nach 1918 war W. nicht mehr polit. tätig, saß aber ab 1924 im Vorstand der Vereinigung kath. Edelleute Österr. Seit seinen Stud.jahren engagierte sich W. im konservativ-kath. Ver.wesen NÖ. So war er Mitgl. des Ausschusses des kath. Stud.ver. der Wr. Hochschulen Austria und gehörte der vom Hochadel dominierten Wr. Erzbruderschaft vom Hl. Erzengel Michael an. Ab 1898 leitete er mehrfach, auch noch nach dem Weltkrieg, als Präs. die nö. Katholikentage und war ab 1904 Vizepräs. des ständigen Wr. Diözesankomitees der Katholikentage Österr. Seit der Gründung 1905 war er Präs. des Piusver. zur Förderung der kath. Presse bzw. 1919–31 des Nachfolgever. Kath. Volksbund Österr. (1931 Ehrenpräs.). Daneben fungierte er bis zur Einstellung des Bl. 1911 als Mitgl. des Hrsg.kuratoriums der Wr. konservativ-kath. Ztg. „Das Vaterland“. 1888 wurde W. zum Kämmerer und 1904 zum Geh. Rat ernannt. 1907 erfolgte die Erhebung in den Gf.stand. Sein Vater Ernst Frh. v. W. (geb. Pressburg, 5. 12. 1829; gest. ebd., 19. 4. 1891) war verheiratet mit Barbara, geb. Gfn. Wenckheim (geb. Mailand, Lombardo-Venetien / Milano, I, 30. 12. 1838; gest. Wolfsthal, 27. 12. 1929, einer Enkelin von →Johann Josef Wenzel Gf. Radetzky v. Radetz). Ab 1848 Kav.off., trat er 1851 (bei Verbleib im Militärstand, 1855 Rtm.) in den diplomat. Dienst über. Er wurde 1854 Attaché und 1855 Legationssekr. in Berlin, wechselte 1858 in gleicher Funktion nach Hannover und kehrte im Folgejahr wieder nach Berlin zurück; 1860 beurlaubt, 1861 außer Dienst. Ernst W. war ab 1865 Besitzer des Fideikommisses Wolfsthal und ab 1884 erbl. Mitgl. des HH des österr. RR.

L. (tw. auch zu Ernst Frh. v. W.): RP, 4. 3. 1933; Adlgasser; G. Kolmer, Das HH des österr. RR. Nach dem Bestande Ende ... 1906, 1907; Die W. zu Wolfsthal 1–3, 1892–1903; F. Loidl, F. X. Gf. W., 1977; S. H. Knaf, Die Entwicklung des landtäfl. Großgrundbesitzes in NÖ von 1848 bis 1908, phil. Diss. Wien, 1981, S. 389f.; G. M. Doujak, Die Entwicklung des landtäfl. Großgrundbesitzes in NÖ seit dem Jahr 1908, phil. Diss. Wien, 1981, S. 331; UA, Wien; Pfarre Wolfsthal, NÖ.
(F. Adlgasser)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 473f.
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