Wedl, Karl (1815–1891), Mediziner

Wedl Karl, Mediziner. Geb. Wien, 14. 10. 1815; gest. ebd., 21. 9. 1891; röm.-kath. Ledig. – Nach Besuch des Akadem. Gymn. stud. W. 1831–33 Phil. und ab 1833 Med. an der Univ. Wien; 1839 Dr. med., 1840 Dr. chir., 1841 Mag. obstet. W. vertiefte seine Kenntnisse als Praktikant im Wr. AKH, danach als Ass. des Bez.-Salinen- und Badearztes in Ischl sowie 1842–46, unterbrochen durch eine Stud.reise nach Dtld., England und Frankreich (1844), als Sekundararzt im St. Johanns-Spital in Salzburg. 1846 erfolgte seine Aufnahme an die med. Fak. in Wien, wo sich W. histolog., patholog. und anatom. Fragestellungen zuwandte. 1849 Priv.Doz. für Histol., 1853 ao. Prof., richtete er 1854 ein Inst. für Histol. an der Univ. Wien ein, das als erstes dieser Art im dt.sprachigen Raum galt. 1872 o. Prof., 1874–76 Dekan, 1883/84 Rektor der Univ. Wien, 1884 emer. W.s Verdienst war es, die mikroskop. Erforschung menschl. Gewebes als Nachweis für klin. Erscheinungen bzw. Grundlage für Untersuchungsmethoden zu entwickeln. Auch in der Präparations- und Isolationstechnik setzte er neue Maßstäbe und verwendete Laevulose als Einschlussmittel und Orseille als Farbstoff. Stets bemühte er sich um eine enge Zusammenarbeit mit den führenden Klinikern der sog. Zweiten Wr. Med. Schule: Mit →Franz Schuh stud. er die Struktur der Pseudoplasmen, mit seinem Freund →Ludwig Türck jene der Fettkörnchenzellen bei sekundärer Degeneration, mit →Carl Stellwag v. Carion das Gewebe des Auges und mit →Moriz Heider jenes der Zähne. W. war als Pionier der histolog. Pathol. international hoch angesehen und unternahm weite Forschungsreisen, darunter zwei nach Ägypten, wo er u. a. mit Theodor Bilharz und Heinrich Schliemann zusammentraf, Ende der 1870er-Jahre in den Orient, 1881 nach Nordamerika und 1886 nach Algier, Tunis und Tripolis sowie nach Marokko. Bes. Erwähnung verdient die Monographie „Grundzüge der pathologischen Histologie“ (1854), die in ihren Einzeldarstellungen als fundamentales Werk angesehen werden darf, in dem W. aber noch keine Klarheit über die Zellbildung gewinnen konnte – dies sollte erst Rudolf Virchow ein Jahr später gelingen. Hervorzuheben ist auch der „Atlas der pathologischen Histologie des Auges“ (1861) als Ergebnis zehnjähriger intensiver Forschung und Zusammenarbeit mit Stellwag v. Carion, für dessen Präparate zum Großtl. in Weingeist konservierte Bulbi verwendet und die Schnitte bereits mit Hilfe des Mikroskops angefertigt wurden. Von W.s späteren Werken erregten „Pathologie der Zähne“ (1870) und „Pathologische Anatomie des Auges“ (1886, gem. m. Emil Bock) Aufsehen. Darüber hinaus arbeitete er zur Parasitol. und zählte zum Kreis um →Karl Diesing. W. gehörte der Österr. Trichinenkomm. an und publ. gem. mit →Moritz Röll über Trichinenvorkommen und Maßnahmen gegen die Trichn(ell)ose in Österr. HR W. war ab 1849 k. M. der k. Akad. der Wiss. in Wien, ab 1861 Mitgl. der Ges. der Ärzte in Wien sowie der Physikal.-Med. Sozietät zu Erlangen und der Ges. für Natur- und Heilkde. zu Dresden.

Weitere W.: s. Wurzbach; Patzelt.
L.: Die Presse, 22. 9., 4. 10., NFP, 22. 9., WZ, 25. 10. 1891; ADB; Almanach 42, 1892, S. 189ff.; Czeike; Eisenberg 2; Inauguration Univ. Wien 1891/92, 1891, S. 15f.; Kreuter; Lesky, s. Reg. (m. B.); Pagel (m. B.); Wurzbach (m. W.); WMW 41, 1891, Sp. 1590; L. Schönbauer, Das Med. Wien, 1947, s. Reg. (m. B.); V. Patzelt, in: Anatom. Anzeiger 100, 1953/54, S. 147ff. (m. W.); P. Tower, in: Archives of Ophthalmology 63, 1960, S. 756ff. (m. B.); H. Sattmann – H. Prosl, in: Wr. Tierärztl. MS 92, 2005, S. 283ff.; K. H. Tragl, Chronik der Wr. Krankenanstalten, 2007, s. Reg.; UA, Wien (m. B.).
(H. Sattmann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 36f.
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