Weill, Erwin (Louis) (1885–1944), Schriftsteller

Weill Erwin (Louis), Schriftsteller. Geb. Wien, 2. 11. 1885; gest. KZ Auschwitz, Dt. Reich (PL), vermutl. Ende 1944; mos., später röm.-kath. Sohn von Sigmund (Sigismund) Gustav W. (geb. 6. 1. 1847; gest. 27. 1. 1915), Oberstaatsbahnrat der k. k. Nordwestbahn mit Zuständigkeit in Böhmen sowie Wien, und Irma W., geb. Heim (geb. Temeswar, Ungarn / Timișoara, RO, 26. 7. 1862; gest. Ghetto Theresienstadt, Protektorat Böhmen und Mähren/CZ, 27. 7. 1942); ab 1915 verheiratet mit Angela Maria Kozower, Tochter des Obst. Josef Kozower (um 1919 Scheidung). – W. stud. 1909 Kunstgeschichte in Zürich und hörte anschließend Vorlesungen in London und München. Er verf. zunächst kurze Stimmungsbilder für Münchner Tagesztg. 1909 erschien sein erster Ged.bd., „Tage der Garben“. Ab 1913 Red. des „Neuen Wiener Journals“, schrieb W. Feuilletons sowie Ged. und wandte sich ab 1920 zunehmend der Literatur zu. Aufgrund seiner zahlreichen Veröff. erhielt W. vom Wr. Stadtschulrat 1928 die Lehrbefähigung für Literaturgeschichte. Neben der Unterrichtstätigkeit (u. a. am Neuen Wr. Konservatorium) arbeitete er als Dramaturg an verschiedenen Bühnen, so ab 1929 an der Komödie in der Johannesgasse. Dort leitete er die Österr. Bühne, deren Programm verstärkt auf die Urauff. österr. Autoren setzte. Ab 1935 Doz. an der Staatsakad. für Musik und darstellende Kunst, veranstaltete W. neben seiner Lehr- und Vortragstätigkeit kunstgeschichtl. Führungen durch Wien und gestaltete zahlreiche Beitrr. für den Rundfunk. Ab 1933 war er Mitgl. der Vaterländ. Front und wirkte als Kulturreferent in Wien 9. Nach seiner Beurlaubung und der anschließenden Kündigung durch die Staatsakad. floh er im August 1938 über Znaim nach Prag. Ende November 1941 wurde er nach Theresienstadt deportiert, i. d. F. nach Riga, Kowno und Dachau überstellt, bis er Ende Oktober 1944 nach Auschwitz verbracht wurde. Neben seiner feuilletonist. und dramaturg. Tätigkeit etablierte W. sich v. a. als Autor biograph.-hist. Romane („In einem kühlen Grunde. Der Roman des jungen Eichendorff“, 1925; „Venezianische Sonne. Der Roman des Malers Giorgione“, 1926; „Requiem. Der Roman des Wolfgang Amadeus Mozart“, 1932; „Casanova“, 1933; „Flamme aus Spanien. Der Roman des Ignatius von Loyola“, 1933), die das Leben berühmter Persönlichkeiten durch den Einsatz einer speziellen psycholog.-einfühlsamen Erzählweise einem größeren Publikum zugängl. machten. 1927 beendete er den von →Paul Busson als Fragment hinterlassenen Roman „Sylvester. Eine Sommergeschichte“. In W.s Romanen wird ab 1932 ein themat. Fokus auf die österr. Geschichte deutl. („Schönbrunn – Sanssouci. Der Roman des Siebenjährigen Krieges“, 1933; „Gottes Bollwerk. Ein Starhemberg-Roman aus der Türkenzeit“, 1933; „Vier Frauen und ein Kaiser“, 1935; „Kronprinz Rudolf. Das Leben eines merkwürdigen Mannes“, 1936). Durch die Vertonung seiner Ged. (u. a. „Da draußen in der Wachau“, „Valse Boston“, Musik: Ernst Arnold, o. J.; „Abschiedsbrief“, Musik: Camilla Frydan, 1920; „Fieber“, Musik: →Franz Lehár, 1915) erlangte W. auch als Liedtexter große Bekanntheit.

Weitere W.: Miniaturen der Liebe, 1921; Das Haus der Träumer, 1921; Ind. Flamme, 1922; Die Taxushecke. Ged. aus der galanten Zeit, 1922; Der Chinchillamantel, 1923; Der Lustgarten der Marquise. Neue Rokokoged., 1926; Das Ewig-Weibl., 1926; Lautlose Götter, 1930.
L.: Hdb. jüd. AutorInnen; Kosch; Wininger; M. G. Hall, Österr. Verlagsgeschichte 1918–38, 1–2, 1985, s. Reg.; Bibliographia Judaica 3, 1988; G. Gaugusch, Wer einmal war. L–R, 2016; DÖW, Opferdatenbank (online, Zugriff 5. 9. 2018); holocaust.cz (online, s. u. Ervín Weil, m. B., Zugriff 5. 9. 2018); HHStA, IKG, Tagbl.Archiv, Univ. für Musik und darstellende Kunst, WStLA, alle Wien; UA, Zürich, CH.
(K. Kaufmann)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 60f.
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