Weninger, Franz Xaver (Francis Xavier) (1805–1888), Fachschriftsteller, Missionar und Komponist

Weninger Franz Xaver (Francis Xavier) SJ, Fachschriftsteller, Missionar und Komponist. Geb. Schloss Wildhaus, Stmk. (Viltuški grad, SLO), 31. 10. 1805; gest. Cincinnati, OH (USA), 29. 6. 1888; röm.-kath. Sohn des Hammerwerksbesitzers Sebastian W. und seiner Frau Barbara W., geb. Edle v. Mandelstein, Bruder des Ordensmanns und Predigers Alexander W. (s. u.). – Nach dem Gymn.besuch in Marburg, Laibach und Wien (Klinkowströmsches Inst.) absolv. W. ab 1821 an der Wr. Univ. erst ein Phil.- und 1823–29 ein Theol.stud.; Priesterweihe 1828, Dr. theol. 1830. Fürstbischof Roman Sebastian Zängerle bestellte ihn zum Stud.präfekten des Grazer Priesterseminars, gleichzeitig holte er die Jesuiten nach Österr. zurück, die 1829 in der steir. Hauptstadt ihr erstes Haus nach der Wiederzulassung eröffneten. Zwei Monate nach seinem Bruder trat W. im Oktober 1832 in die Ges. Jesu ein. Nach dem zweijährigen Noviziat erneuerte er zunächst in Graz sein phil. (1835), dann in Neu-Sandez sein theol. Examen (1836). Anschließend lehrte er für ein Jahr am Jesuitenkolleg in Tarnopol Phil. Als 1837 auf dem Freinberg in Linz die erste Stud.anstalt für den Ordensnachwuchs in Österr. eröffnet wurde, setzte W. seine Lehrtätigkeit (Moralphil.) dort für zwei weitere Jahre fort. Im Anschluss an sein 3. Probationsjahr im Orden (Graz, 1840) nahm er seine Lehrtätigkeit (Kirchengeschichte, Hebr.) an der theol. Hauslehranstalt der Jesuiten in Innsbruck wieder auf. Um diese Zeit trat W. nicht nur als Liedkomponist (z. B. „Milde Königin, gedenke“) in Erscheinung, sondern publ. neben einigen wiss. Abhh., darunter „Die apostolische Vollmacht des Papstes in Glaubens-Entscheidungen“ (1841), auch auflagenstarke Erbauungsbücher (u. a. „Heiliger Liebes-Bund“, 1838) und populäre Hl.viten. W. gab der Arbeit als Volksmissionar inzwischen den Vorzug vor einer akadem. Laufbahn und wurde, als nach der Revolution von 1848 die Jesuiten Österr. verlassen mussten, seinem Wunsch gemäß als Seelsorger für dt.sprachige Auswanderer in die USA gesandt. Hier fand sein Charisma als Prediger volle Entfaltung: Von Cincinnati in Ohio (Jesuitenprov. Missouri) aus hielt er in den folgenden 35 Jahren unermüdl. Volksmissionen im ganzen Land ab, predigte auf Dt., Engl. und Französ. oder bediente sich Übers. in den Indianergmd. Die Missionsver. in Bayern (Ludwigs-Ver.) und Österr. (Leopoldinen-Stiftung), die seine Arbeit mit Spendengeldern unterstützten, informierte der als „Apostel der Deutschen in Amerika“ apostrophierte W. mit anschaul. Tätigkeitsberr., die kulturhist. Einblicke in die wirtschaftl., sozialen und religiösen Verhältnisse der Auswanderergmd. liefern. Nach dem Amerikan. Bürgerkrieg widmete sich W. insbes. der Missionierung der ehemaligen Sklaven und gründete den von Papst Pius IX. 1868 approbierten Peter-Claver-Ver. zur Finanzierung von Schul- und Kirchenbauprojekten. Erst im hohen Alter gab W. seine Reisetätigkeit zugunsten der Schriftstellerei, die er inzwischen auf Dt. sowie auf Engl. weitergeführt hatte, auf. Sein Bruder, der Ordensmann Alexander W. SJ (geb. Marburg, Stmk. / Maribor, SLO, 13. 2. 1813; gest. Kalocsa, H, 21. 11. 1896) trat nach Absolv. des Gymn. 1832 in Graz in die Ges. Jesu ein. Nach einem Phil.stud. in Linz und dem Theol.stud. in Neu-Sandez sowie in Rom war er 1846 zunächst als Erzieher am Innsbrucker Adeligenkonvikt Theresianum tätig, wo er eine Reihe von Theaterstücken für die Schulbühne schrieb. W.s eigentl. Wirkungsfeld aber wurden die ung. Länder: 1850 übernahm er die Leitung des von Bischof János Hám in Sathmar gestifteten bischöfl. Konvikts, 1854 die des zweiten neu gegr. Noviziats der österr. Jesuitenprov. in Tyrnau und 1855 das Amt eines dt. Predigers in Pressburg. 1860 berief ihn Erzbischof →Josef Kunszt als Rektor des neu eröffneten bischöfl. Kollegiums nach Kalocsa. Parallel dazu entfaltete W. eine rege pastorale Aktivität in Budapest, sodass sich die Eröffnung einer eigenen Jesuitenresidenz in der ung. Hauptstadt 1889 u. a. seinem Einfluss verdankte. Seiner überregionalen Beliebtheit als Prediger trugen Veröff. seiner Ansprachen in der kath. WS „Religio“ und Drucksmlgg. seiner Kanzelreden Rechnung. Für seine Einsätze als Militärkaplan bei Tiroler Rgt. an der Italienfront 1848 und 1859 wurde W. zweimal ausgez.

Weitere W.: Summa doctrinae christianae, 1844; Das Herz Jesu Missionsbuch, 1849; Hdb. der christkath. Religion, 1858 (engl. 1861); Großer Katechismus der kath. Lehre, 1861; Catholicism, Protestantism and Infidelity, 1861 (dt. 1863); Ostern im Himmel, 1864 (auch engl.); The lives of the Saints, 1875; Originelle, kurz-gefaßte, prakt. Sonntags-Predigten ..., 1880 (engl. 1881); Erinnerungen ..., 1886. – Ed.: Bibl. christkath. Kanzel-Beredsamkeit aus dem XVIII. Jh., 20 Bde., 1832–34; Des ehrwürdigen P. F. Spee ... Trutz-Nachtigall ... Mit Musikbeil., 1844. – Kompositionen: Geistl. Lieder für die Orgel, 1844; Te deum, cum organo et orchestra, 1861. – Nachlass: Jesuit Archives & Research Center, St. Louis, MO, USA. – Alexander W.: Mai-Monat, 1878; Marien-Predigten, 1881.
L. (tw. auch für Alexander W.): ADB; Bautz; SBL; Sommervogel; J. N. Stöger, Scriptores Provinciae Austriacae Societatis Jesu, 1855, S. 394f.; Woodstock letters 18, 1889, S. 43ff.; E. Bülow, Hundert Lebensbilder aus der österr.-ung. Prov. der Ges. Jesu, 1902; C. J. Wagner, Mission methods and influence of F. X. W., Diss. St. Francis, WI, 1936; F. Weiser, Ein Apostel der Neuen Welt, 1937; G. J. Garraghan, The Jesuits in the Middle American States 2, 1938, S. 53ff.; J. Thauren, Ein Gnadenstrom zur Neuen Welt und seine Quellen, 1940, S. 200ff.; A. Lamprecht, P. F. X. W. S. J., 1941; L. Hertling, Geschichte der Kath. Kirche in den Vereinigten Staaten, 1954, S. 137f., 180; H. Rzepkowski, Marienlex. 6, 1994, S. 712; Diccionario histórico de la Compañía de Jesús 4, 2001; D. Komline, in: Religion and American Culture 27, 2017, Nr. 2, S. 218ff.; UA, Wien. – Alexander W.: L. Velics, Magyar jezsuiták a XIX-ik században, 1902, S. 187ff. (m. B.); E. Bóta, in: Jezsuita Történeti Évkönyv, 1942, S. 488ff.; A. Petruch, Száz év a magyar jezsuiták múltjából (1853–1950), 2, 1995, S. 304ff.
(M. Lehner)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 121f.
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