Wenrich, Johann Georg (1787–1847), Orientalist und Theologe

Wenrich Johann Georg, Orientalist und Theologe. Geb. Schäßburg, Siebenbürgen (Sighișoara, RO), 13. 10. 1787; gest. Josefstadt, NÖ (Wien), 15. 5. 1847; evang. AB. Sohn eines Steuerbeamten, Vater u. a. der Schriftstellerin Caroline W., verheiratete Edle v. Scheidlein (geb. Hermannstadt, Siebenbürgen / Sibiu, RO, 10. 7. 1824; gest. Purkersdorf, NÖ, 1887); ab 1813 mit Anna-Regina W., geb. Haupt, verheiratet. – Nach dem Besuch des Gymn. in Schäßburg und (ab 1805) in Hermannstadt ging W. 1809 zum Stud. nach Wien, wo er auch beim libanes. Priester Anton Aryda Arab. lernte. 1812 kehrte er nach Siebenbürgen zurück, wurde Lehrer und 1818 Rektor am Gymn. von Hermannstadt. In dieser Zeit befasste sich W. intensiv mit dem Stud. der Geschichte Siebenbürgens. 1821 wurde er als erster Prof. für Exegese und oriental. Sprachen an die neu gegr. Protestant.-Theol. Lehranstalt nach Wien berufen. Als einer der wenigen Prof. war er in den folgenden Jahren viel mit der Lehre beschäftigt. Daneben betrieb er aber auch weiterhin orientalist. Stud., die sein eigentl. Interesse darstellten. 1822 widmete er K. →Franz II. (I.) eine Schrift, welche die Wichtigkeit der Erlernung oriental. Sprachen in Österr. erörterte („Commentatio historica, qua quantum linguarum orientalium studia Austriae debeant, exponitur“, 2. Tl. 1823). Inspiriert durch die gerade entstehende hist.-vergleichende Sprachwiss. publ. W. 1827 die „Commentatio de adfinitate priscae Indorum linguae, quam Sanscritam dicunt, cum Persarum, Graecorum, Romanorum atque Germanorum sermone“, eine komparative Stud. zum Altind., die allerdings eher als kompilator. Werk gilt. 1825 hatte er auch erstmals Sanskrit an der Univ. Wien angeboten, aber keine Hörer dafür gefunden. In der Folgezeit konnte W. seinen Ruf als ausgez. Orientalist weiter festigen und stand in regem Kontakt zu den führenden Fachvertretern seiner Zeit, darunter Antoine-Isaac Silvestre de Sacy und →Joseph Frh. v. Hammer-Purgstall. Seine umfangreiche Stud. zur Rezeption griech. Werke in verschiedenen oriental. Kulturen erhielt 1830 einen Preis der Kgl. Ges. der Wiss. zu Göttingen und wurde 1842 unter dem Titel „De auctorum graecorum versionibus et commentariis syriacis, arabicis, armeniacis, persicisque commentatio“ gedruckt. 1834 verlieh ihm die Pariser Acad. des Inscriptions et Belles-Lettres einen Preis für das 1843 publ. Werk „De poeseos Hebraicae atque Arabicae origine, indole, mutuoque consensu atque discimine commentatio“, in dem er Parallelen zwischen der hebr. und arab. Dichtung untersuchte. Bahnbrechend für die Erforschung der arab. Herrschaft in Italien war „Rerum ab Arabibus in Italia insulisque adjacentibus, Sicilia maxime, Sardinia atque Corsica gestarum commentarii“ (1845). Aufgrund seiner ausgez. Hebr.kenntnisse wurde W. auch mit der Aufsicht über den Druck einer 1846 in London erschienenen hebr. Bibel betraut. Sein Ansehen erreichte einen Höhepunkt, als er auf der Gründungssitzung der k. Akad. der Wiss. in Wien im Mai 1847 zu einem ihrer 40 Mitgl. gewählt wurde. Durch seinen plötzl. Tod am Tag darauf erreichte ihn das Ernennungsdekret jedoch nicht mehr. Hammer-Purgstall erstellte 1848 einen Ber. über den der Akad. übergebenen umfangreichen Nachlass (darunter die Skizze einer Biographie des Konfuzius). Außerhalb der Orientalistik publ. W. die umfangreichen Biographien zweier ihm sehr nahestehender protestant. Persönlichkeiten: „Johann Wächter, als Mensch, als Diener des Staates und der Kirche“ (1831) und „Jakob Glatz, eine biographische Skizze“ (1834). Im Fach der evang. Theol. selbst war W.s Wirken auf seine Tätigkeit als akadem. Lehrer beschränkt.

L.: Wurzbach; C. Scheidlein-W., in: Nécrologe universel du XIXe siècle 50, 1847, S. 179ff.; R. Sutter, Siebenbürger Sachsen in Österr., 1976; W. Pratscher, in: Jb. für die Geschichte des Protestantismus in Österr. 96, 1980, S. 97ff.; Luther. Stadtkirche, Wien.
(St. Procházka)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 123f.
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