Werndl, Leopold (1797–1855), Industrieller

Werndl Leopold, Industrieller. Geb. Wieserfeld (Steyr, OÖ), 13. 11. 1797; gest. Steyr, 4. 12. 1855; röm.-kath. Sohn des Neigerschmieds Benedict Ignatius W. (geb. 21. 3. 1754; gest. 21. 2. 1818) und der Anna Elisabeth W., geb. Molterer (1763–1838), Bruder des Messerschmiedmeisters und Mühlenbesitzers in Vogelsang Josef W. und des Mehl- und Sagmüllers Franz W., Vater von Franz W. (s. u.) und →Joseph W., des Juristen Leopold W. (geb. 4. 8. 1829; gest. 12. 7. 1858) und des Messerfabrikanten Ludwig W. (geb. 6. 7. 1847; gest. 14. 4. 1890), der 1864 in das Familienunternehmen eintrat, Großvater von Viktor W. (1870–1945); verheiratet mit Josefa W., geb. Müller (Müllner) (geb. Frankenfels, NÖ, 4. 1. 1806; gest. Steyr, 10. 11. 1867). – W. begann zunächst mit einer kleinen Werkstatt in seinem Wohnhaus, wo er sein Bohnerschmiedhandwerk ausweitete und sich 1821 auf Waffenkomponenten spezialisierte, die er u. a. an die staatl. Gewehrfabriken in Währing (Wien) lieferte. 1828 übernahm er das Geschäft des Vaters und erhielt 1830 ein Privileg auf die Fertigung des Gewehrrings für das österr. Inf.gewehr aus Walzblechtäfelchen durch Pressen. 1835 expandierte er und kaufte die Lettmühle mit der dazugehörenden Wasserkraft in Oberletten für das Schmieden von Gewehrläufen und Bajonetten. Er ließ dort einige Reckhämmer und ein kleines Walzwerk einbauen und beschäftigte bis zu 500 Arbeiter. W. avancierte zum bedeutendsten Fabrikanten von Waffenbestandtle. und produzierte Inf.gewehr- und Stutzenläufe, stählerne Ladestöcke, Lanzenspitzen und -schuhe, Gewehrringe, Griffe, Kolbenkappen, Bajonette und Faschinenmesser. Nach seinem Tod führte seine Witwe zusammen mit den Söhnen das Unternehmen weiter. 1864 übernahmen die beiden Brüder die Fa., die sie in Josef und Franz Werndl & Comp., Waffenfabrik und Sägemühle in Oberletten mit Sitz in Steyr umbenannten. 1869 wurde sie in die AG Österr. Waffenfabriks-Ges. umgewandelt, an der u. a. die Allg. österr. Boden-Credit-Anstalt beteiligt war und die Josef W. allein führte. W.s Sohn Franz W. (geb. Steyr, 30. 3. 1833; gest. Unterhimmel/Steyr, 22. 12. 1907) hatte sich bereits 1863 mit einer Walzwerk- und Drahtzugfabrik in Unterhimmel bei Steyr selbstständig gemacht. Er erwarb die Eisenwerke von Cajetan Pommer und dessen Schwiegersohn August v. Schlichting und ließ die sog. Schwarze Brücke über die Steyr erbauen. 1862 hatte W. die Werkanlagen des Josef Liebl in Unterbruckbach gekauft. Das Puddel- und Walzwerk wurde später als Waffenschmiede verwendet. Außerdem erwarb er verschiedene andere Fabriken wie das Zerrennhammerwerk in Aichet von seinem Bruder Ludwig W. Nach einem Brand 1887, bei dem das Walzwerk fast vollständig ausbrannte, wurde es wieder aufgebaut. Ab 1867 Gmd.rat, zog sich Franz W. 1894 aus dem Geschäft zurück und sein Sohn Viktor übernahm die Leitung der Besitzungen, zu denen zuletzt 16 Fabriksobjekte und Wohnhäuser zählten. Unter ihm spezialisierte man sich auf die Erzeugung von Nägeln, Schrauben aller Art, Bohrern, Ahlen und Schuhmacherwerkzeug.

L. (tw. auch für Franz W.): K.-H. Rauscher, Der Kg. von Steyr, 2009, S. 14f. (m. B.); H. Stögmüller, J. W. und die Waffenfabrik in Steyr, 2. erw. Aufl. 2012, S. 57ff. (m. B.); Pfarre Steyr-St. Michael, OÖ. – Franz W.: G. A. Stadler, Das industrielle Erbe NÖ, 2006, S. 749.
(S. B. Weiss)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 16 (Lfg. 70, 2019), S. 133f.
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